Wer kommt denn auf so eine Idee? Es sind 30°C um 21h am Terminal 1 des JFK Flughafens...es ist furchtbar schwül, doch das geschäftige Treiben um mich herum lenkt ab...ich bin tatsächlich wieder da, im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Noch vor ungefähr 6 Wochen wusste ich nichts von diesem Trip, hatte nichtmal das nötige Kleingeld...es gab mal die Idee 2014 wieder in die USA zu reisen, aber nie so wirklich konkret. Dann verdichteten sich die Pläne, denn meine Freundin sollte im August eine Ausbildung anfangen und sie wollte vorher noch was erleben......spaßeshalber checkten wir Flugpreise und mussten erstaunt feststellen, dass alles was vor dem 10. Juli US-technisch zu haben war sich in erstaunlich erschwinglichen Preisregionen (zwischen 550 und 650 Euro pro Kopf) bewegte. Problem: bis zum 10. Juli waren es nur noch 2 Monate... Wir wussten: wir wollen an die Westcoast! Und in den Yellowstone National Park! Und ich wollte wieder in meine alte Heimat L.A.! Das waren so grob die Must-See's....aber wie zur Hölle kamen wir dann nach New York?
Wir wollten eigentlich maximal einen Ein-Stopp-Flug, aber da war in unserem angepeilten Budget nix mehr zu wollen. Alternativ war 2-Stopp hin, 1-Stopp zurück......mit dem Problem, dass auf dem Hinflug ein ca. 10-stündiger Stopp am JFK drin war. Das nervte...so lange am Flughafen rumeiern, bevor es endlich zum Ziel weitergehen konnte (wohlgemerkt auch nochmal 5-6 Stunden). Also kam uns eine verrückte Idee...wir checkten, ob es nicht eine Lösung gab, wo der Westküsten-Flug erst 1-2 Tage später von New York wegging. Für 606 Euro fanden wir schließlich eine Kombination, die von Luxemburg (nächster größerer Flughafen von uns und meist günstiger als alles was von Düsseldorf oder Frankfurt weggeht) über Paris nach New York und dann am Abend des Folge-Tages nach San Francisco weiterging. Der Rückflug war dann von Los Angeles über Paris nach LUX nur ein 1-Stopp. Wir fackelten nicht lange und zogen den Sack zu.....so addierte sich zu unserer Road-Trip-Idee noch ein Tagesausflug nach Manhattan, wo ich noch nie unterwegs gewesen bin. Uns war bewusst, dass der Start in den Urlaub damit durchaus stressig werden würde, aber der Big Apple-Quickie schien uns attraktiver als ein 10-Stunden-JFK-Layover...
Von der Flugbuchung bis zum Abflug blieben nun wahnwitzige 5 Wochen, in denen ich mir zum Studium einen schön stressigen Kellner-Job dazupackte, um überhaupt das nötige Budget zusammenzukratzen und in denen wir alles planen musste. Auch wenn es noch nicht ganz Haupt-Saison, aber kurz davor war, wollten wir unsere Unterkünfte vorbuchen, so dass die verbleibenden Wochen mit Preis-bewusster Hotel-Recherche und der generellen Organisation ganz schön vollgepackt waren...und das ist vermutlich noch untertrieben...
Die letzte Unterkunft buchten wir schließlich in der Nacht vor dem Abflug....und dann war der Tag X auch schon gekommen. Ich hatte nach der Uni im Hau-Ruck-Verfahren meinen Koffer gepackt, war mir sicher alles wichtige vergessen zu haben und dann ging es auch schon los.....wir mussten verrückt sein! Das war eigentlich der dominante Gedanke, als wir zum überschaulichen Flugplatz in Luxemburg gefahren wurden. Wer kommt denn bitte auf so eine Idee?
Gepäck einchecken in LUX war kein Problem, ging sofort durch nach New York, aber nicht bis SFO (Koffer dürfen nicht über Nacht im Gepäck-System des Flughafens verbleiben). Für dieses nicht ganz unwichtige Problem hatten wir glücklicherweise in der kurzen Vorbereitungszeit auch eine Lösung gefunden, denn mit einem 20kg-Koffer durch NY zu tigern fanden wir beide nicht so prickelnd und zurück zum Hotel wollten wir vor dem Weiterflug auch nicht mehr.. Baggage Storage hieß das Zauberwort...bzw. die Zauberwörter! Am JFK (als auch am EWR) gibt es diese Pre-9/11-Möglichkeit tatsächlich noch und zwar in Terminal 1, 4 und 8. Der Spaß kostet 16$ für einen ausgewachsenen Koffer und schien uns die ideale Möglichkeit zu sein, um uns des schweren Gepäcks für den Manhattan-Quickie zu entledigen. Natürlich hatten wir im Vorhinein alles so gepackt, dass alles wichtige für die erste Nacht in NY im Handgepäck untergebracht war.
Der Flieger in LUX hob planmäßig ab, was mich enorm beruhigte, da wir in Paris nur 1,5 Stunden zum Umsteigen hatten und der Charles-De-Gaulle-Flughafen Umsteige-technisch nicht gerade den besten Ruf hat. Der erste Flug für meine Freundin übrigens....ich hatte mich schon gefreut, dass ich mal nicht der aufgeregteste sein würde, aber Pustekuchen. Die Frau schaute beim Start-Schub kurz begeistert, klebte dann kurz an der Scheibe beim Durchdringen der Wolkendecke und hatte sich dann schon an den Lifestyle gewöhnt, während ich mich immer noch in der Armlehne verkrallte. Ich mag Fliegen...und gleichzeitig mag ich es auch nicht....alle möglichen Absturz-Szenarien sind bei mir omnipräsent, ich bin stets über die Flugzeugtypen informiert und die Strecke hab ich sicherheitshalber meist auch im Flight Simulator abgeflogen, um die Illusion einer Kontrollmöglichkeit zu haben. Und gegen die Flugzeug-Kabine klopfe ich auch immer 2x beim Einsteigen Mir ist bewusst, dass das etwas gaga ist...aber als US-Fan bleibt einem ja eh nicht wirklich was anderes übrig, als sich in die fliegenden Dinger zu setzen...also Augen zu und durch. Immerhin konnte ich beim Paris-Anflug fachmännisch feststellen, dass der Approach gut aussieht...während meine Freundin begeistert den Eifel-Turm beobachtete, nutzte ich ihn eigentlich mehr als Orientierungs-Punkt für die korrekte Einflugs-Schneise. Hab ich schon erwähnt, dass ich verrückt bin?
Anyway, die erste kurze Flugetappe war im Handumdrehen vorbei und wir fanden uns wieder im abgelegenen Terminal 2G von dem aus wir mit dem alle 10-Minuten-verkehrenden Shuttle-Bus ins Terminal 2E mussten. Die durch die Namensgebung suggerierte Nähe ist ein Trugschluss....zu der Wartezeit auf den Bus addieren sich nochmal gut und gerne 15 Fahrt-Minuten, aber da der LuxAir-Flieger pünktlich war, lagen wir noch ganz gut in der Zeit. Ich hoffte nur, dass die Warteschlage an den Sicherheitsschleusen sich in Grenzen hielt. Endlich kamen wir an und stürmten los, um die ersten an der Security zu sein. Keine 5 Minuten später standen wir an unserem Gate....von einer Sicherheits-Schleuse keine Spur. Ehm...auch gut...meine Freundin suchte sich einen Raucher-Raum, ich nutzte ein bisschen das kostenlose WLAN (20 Minuten gratis) und dann ging auch schon das Boarding für den AirFrance-Flug los. Freundschaftlich klopfte ich trotz Kopfschütteln der Freundin der Boeing 777 gegen die Außenhaut...2x wie immer...und dann ging es auf Sitzplatzsuche. Immerhin war meine Begleitung von der Größe der Maschine beeindruckt....den anschließenden Start verfolgte sie aber schon so routiniert, als würde sie täglich mit dem Jumbo-Jet reisen...na toll, war ich mal wieder der einzige, der sich an der Armlehne festklammert
Der anschließende 8-Stunden-Flug bot keinerlei aufregende Ereignisse, so dass ich die Zeit nutze überhaupt mal unsere Routenplanung vorzustellen:
18.6 > Anreise LUX>CDG>JFK
19.6 > Manhattan, dann Weiterflug nach SFO
20.6 > San Francisco
21.6 > Fahrt über Yosemite National Park nach Fallon, NV
22.6 > Fahrt über Twin Falls nach Idaho Falls, ID
23.6 > Yellowstone National Park
24.6 > Yellowstone National Park
26.6 > Fahrt über Salt Lake City nach Moab, UT
27.6 > Canyonlands National Park & Arches National Park
28.6 > Fahrt über Monument Valley nach Page, AZ
29.6 > Fahrt über Antelope Canyon zum Grand Canyon North Rim nach Kanab, UT
30.6 > Fahrt über die Coral Pink Sanddunes und den Zion National Park nach Las Vegas, NV
01.7 > Las Vegas
02.7 > Las Vegas > Apple Valley, CA
03.7 > Fahrt nach L.A.
04.7 > L.A.
05.7 > L.A.
06.7 > L.A.
07.7 > Heimreise LAX>CDG>LUX
Knapp 8 Stunden später klebte ich natürlich wieder am Fenster (also so gut es ging, meine bessere Hälfte hatte eigentlich den Fensterplatz) und beobachtete den Lande-Anflug.....erschien mir etwas langsam, aber alles ging gut und wir setzten sanft auf dem Runway auf. Während ich noch beruhigt ausatmete und die Armlehne langsam losließ, meldete meine Begleitung die sofortige Suche nach einer Toilette als höchste Priorität an. Na gut, also nix mit Sprint zur Immigration. Ich beruhigte sie und meinte irgendwas in der Art von "Keine Angst, der Flieger is gleich am Gate!"......diese Rechnung hatte ich allerdings ohne den JFK gemacht. Die AirFrance-Maschine fuhr...und fuhr...und fuhr....vermutlich einmal um den ganzen Flugplatz (laut Google Earth ist das sogar möglich), gefühlt waren es locker 3x. Irgendwann hatten wir dann endlich das Gate erreicht...die nächsten Minuten waren Sprint pur...hat aber noch alles geklappt
Die Immigration verlief trotz sehr langer Schlange erstaunlich schnell, der Officer meinte scherzhaft, ich käme aber nicht schon wieder zum Studieren, oder? ...erstaunlich locker hier, da hab ich schon anderes mitbekommen. Es dauerte jedenfalls nicht lange und wir waren auch durch den Zoll durch...und wurden schließlich draußen von der schwülen Luft erschlagen. Unfassbar, wie warm es war!
Und hier steh ich nun....die Freundin raucht und bei mir läuft gerade alles in Zeitlupe ab....die klassischen New York-Taxis, brummelnde Shuttle-Busse, grimmig dreinschauende Officer und ein Multi-Kulti-Gewusel, wie es es vermutlich nur hier gibt. Endlich wieder die vertraute Sprache...obwohl ich noch nie in New York war, fühle ich mich schon jetzt pudelwohl und auch irgendwie zuhause.....und das obwohl die Westküste noch ein paar tausend Kilometer entfernt ist
Bevor es zum Hotel geht, setzen wir erst noch unsere Baggage-Storage-Planung um und nutzen dazu den AirTrain, der uns zu unserem morgigen Abflugs-Terminal (4) bringt. So haben wir morgen keinen Stress und müssen nicht noch zwischen den Terminals hin und herswitchen. Kurze Zeit später sind unsere Koffer in hoffentlich sicherer Verwahrung und wir begeben uns nur mit Rucksack bepackt wieder zurück zum AirTrain welcher uns zum Federal Circle bringt. Hier sind nicht nur alle gängigen Mietwagen-Firmen sondern auch die Hotel-Shuttlebusse anzutreffen. Wir haben uns aufgrund der späten Ankunft zu einem Flughafen-Hotel entschieden, um nicht noch spät abends durch womöglich unbekannte Gegenden zu stolpern.
Nach kurzer Suche haben wir das DaysInn-Shuttle gefunden und werden im Handumdrehen dorthin chauffiert. Zusammen mit anderen Ketten zwar in einer wenig attraktiven Gegend gelegen (ein nicht enden wollender Schulbus-Parkplatz liegt direkt gegenüber) sollte es für diese Nacht aber seinen Zweck tun. Die Zimmer selbst sind sauber und ansprechend eingerichtet...ich schiebe die ersten Dollar in den Getränke-Automaten und bei einer verdienten Feierabend-Coke genießen wir vor der Tür noch für ein paar Minuten die New Yorker Luft....unglaublich, dass wir jetzt hier sind. Dann wird der Wecker gestellt, morgen muss es verflucht früh losgehen, damit wir was von der Stadt sehen, bevor es um 19h mit einer Delta 757 Richtung Westküste geht...