Road Tripping on Short Notice 2014 - 6000km mit nur 5 Wochen Vorbereitung

  • Wer kommt denn auf so eine Idee? Es sind 30°C um 21h am Terminal 1 des JFK Flughafens...es ist furchtbar schwül, doch das geschäftige Treiben um mich herum lenkt ab...ich bin tatsächlich wieder da, im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Noch vor ungefähr 6 Wochen wusste ich nichts von diesem Trip, hatte nichtmal das nötige Kleingeld...es gab mal die Idee 2014 wieder in die USA zu reisen, aber nie so wirklich konkret. Dann verdichteten sich die Pläne, denn meine Freundin sollte im August eine Ausbildung anfangen und sie wollte vorher noch was erleben......spaßeshalber checkten wir Flugpreise und mussten erstaunt feststellen, dass alles was vor dem 10. Juli US-technisch zu haben war sich in erstaunlich erschwinglichen Preisregionen (zwischen 550 und 650 Euro pro Kopf) bewegte. Problem: bis zum 10. Juli waren es nur noch 2 Monate... Wir wussten: wir wollen an die Westcoast! Und in den Yellowstone National Park! Und ich wollte wieder in meine alte Heimat L.A.! Das waren so grob die Must-See's....aber wie zur Hölle kamen wir dann nach New York?




    Wir wollten eigentlich maximal einen Ein-Stopp-Flug, aber da war in unserem angepeilten Budget nix mehr zu wollen. Alternativ war 2-Stopp hin, 1-Stopp zurück......mit dem Problem, dass auf dem Hinflug ein ca. 10-stündiger Stopp am JFK drin war. Das nervte...so lange am Flughafen rumeiern, bevor es endlich zum Ziel weitergehen konnte (wohlgemerkt auch nochmal 5-6 Stunden). Also kam uns eine verrückte Idee...wir checkten, ob es nicht eine Lösung gab, wo der Westküsten-Flug erst 1-2 Tage später von New York wegging. Für 606 Euro fanden wir schließlich eine Kombination, die von Luxemburg (nächster größerer Flughafen von uns und meist günstiger als alles was von Düsseldorf oder Frankfurt weggeht) über Paris nach New York und dann am Abend des Folge-Tages nach San Francisco weiterging. Der Rückflug war dann von Los Angeles über Paris nach LUX nur ein 1-Stopp. Wir fackelten nicht lange und zogen den Sack zu.....so addierte sich zu unserer Road-Trip-Idee noch ein Tagesausflug nach Manhattan, wo ich noch nie unterwegs gewesen bin. Uns war bewusst, dass der Start in den Urlaub damit durchaus stressig werden würde, aber der Big Apple-Quickie schien uns attraktiver als ein 10-Stunden-JFK-Layover...


    Von der Flugbuchung bis zum Abflug blieben nun wahnwitzige 5 Wochen, in denen ich mir zum Studium einen schön stressigen Kellner-Job dazupackte, um überhaupt das nötige Budget zusammenzukratzen und in denen wir alles planen musste. Auch wenn es noch nicht ganz Haupt-Saison, aber kurz davor war, wollten wir unsere Unterkünfte vorbuchen, so dass die verbleibenden Wochen mit Preis-bewusster Hotel-Recherche und der generellen Organisation ganz schön vollgepackt waren...und das ist vermutlich noch untertrieben...


    Die letzte Unterkunft buchten wir schließlich in der Nacht vor dem Abflug....und dann war der Tag X auch schon gekommen. Ich hatte nach der Uni im Hau-Ruck-Verfahren meinen Koffer gepackt, war mir sicher alles wichtige vergessen zu haben und dann ging es auch schon los.....wir mussten verrückt sein! Das war eigentlich der dominante Gedanke, als wir zum überschaulichen Flugplatz in Luxemburg gefahren wurden. Wer kommt denn bitte auf so eine Idee?


    Gepäck einchecken in LUX war kein Problem, ging sofort durch nach New York, aber nicht bis SFO (Koffer dürfen nicht über Nacht im Gepäck-System des Flughafens verbleiben). Für dieses nicht ganz unwichtige Problem hatten wir glücklicherweise in der kurzen Vorbereitungszeit auch eine Lösung gefunden, denn mit einem 20kg-Koffer durch NY zu tigern fanden wir beide nicht so prickelnd und zurück zum Hotel wollten wir vor dem Weiterflug auch nicht mehr.. Baggage Storage hieß das Zauberwort...bzw. die Zauberwörter! Am JFK (als auch am EWR) gibt es diese Pre-9/11-Möglichkeit tatsächlich noch und zwar in Terminal 1, 4 und 8. Der Spaß kostet 16$ für einen ausgewachsenen Koffer und schien uns die ideale Möglichkeit zu sein, um uns des schweren Gepäcks für den Manhattan-Quickie zu entledigen. Natürlich hatten wir im Vorhinein alles so gepackt, dass alles wichtige für die erste Nacht in NY im Handgepäck untergebracht war.


    Der Flieger in LUX hob planmäßig ab, was mich enorm beruhigte, da wir in Paris nur 1,5 Stunden zum Umsteigen hatten und der Charles-De-Gaulle-Flughafen Umsteige-technisch nicht gerade den besten Ruf hat. Der erste Flug für meine Freundin übrigens....ich hatte mich schon gefreut, dass ich mal nicht der aufgeregteste sein würde, aber Pustekuchen. Die Frau schaute beim Start-Schub kurz begeistert, klebte dann kurz an der Scheibe beim Durchdringen der Wolkendecke und hatte sich dann schon an den Lifestyle gewöhnt, während ich mich immer noch in der Armlehne verkrallte. Ich mag Fliegen...und gleichzeitig mag ich es auch nicht....alle möglichen Absturz-Szenarien sind bei mir omnipräsent, ich bin stets über die Flugzeugtypen informiert und die Strecke hab ich sicherheitshalber meist auch im Flight Simulator abgeflogen, um die Illusion einer Kontrollmöglichkeit zu haben. Und gegen die Flugzeug-Kabine klopfe ich auch immer 2x beim Einsteigen ;) Mir ist bewusst, dass das etwas gaga ist...aber als US-Fan bleibt einem ja eh nicht wirklich was anderes übrig, als sich in die fliegenden Dinger zu setzen...also Augen zu und durch. Immerhin konnte ich beim Paris-Anflug fachmännisch feststellen, dass der Approach gut aussieht...während meine Freundin begeistert den Eifel-Turm beobachtete, nutzte ich ihn eigentlich mehr als Orientierungs-Punkt für die korrekte Einflugs-Schneise. Hab ich schon erwähnt, dass ich verrückt bin? ;)


    Anyway, die erste kurze Flugetappe war im Handumdrehen vorbei und wir fanden uns wieder im abgelegenen Terminal 2G von dem aus wir mit dem alle 10-Minuten-verkehrenden Shuttle-Bus ins Terminal 2E mussten. Die durch die Namensgebung suggerierte Nähe ist ein Trugschluss....zu der Wartezeit auf den Bus addieren sich nochmal gut und gerne 15 Fahrt-Minuten, aber da der LuxAir-Flieger pünktlich war, lagen wir noch ganz gut in der Zeit. Ich hoffte nur, dass die Warteschlage an den Sicherheitsschleusen sich in Grenzen hielt. Endlich kamen wir an und stürmten los, um die ersten an der Security zu sein. Keine 5 Minuten später standen wir an unserem Gate....von einer Sicherheits-Schleuse keine Spur. Ehm...auch gut...meine Freundin suchte sich einen Raucher-Raum, ich nutzte ein bisschen das kostenlose WLAN (20 Minuten gratis) und dann ging auch schon das Boarding für den AirFrance-Flug los. Freundschaftlich klopfte ich trotz Kopfschütteln der Freundin der Boeing 777 gegen die Außenhaut...2x wie immer...und dann ging es auf Sitzplatzsuche. Immerhin war meine Begleitung von der Größe der Maschine beeindruckt....den anschließenden Start verfolgte sie aber schon so routiniert, als würde sie täglich mit dem Jumbo-Jet reisen...na toll, war ich mal wieder der einzige, der sich an der Armlehne festklammert ;)


    Der anschließende 8-Stunden-Flug bot keinerlei aufregende Ereignisse, so dass ich die Zeit nutze überhaupt mal unsere Routenplanung vorzustellen:




    18.6 > Anreise LUX>CDG>JFK
    19.6 > Manhattan, dann Weiterflug nach SFO
    20.6 > San Francisco
    21.6 > Fahrt über Yosemite National Park nach Fallon, NV
    22.6 > Fahrt über Twin Falls nach Idaho Falls, ID
    23.6 > Yellowstone National Park
    24.6 > Yellowstone National Park
    26.6 > Fahrt über Salt Lake City nach Moab, UT
    27.6 > Canyonlands National Park & Arches National Park
    28.6 > Fahrt über Monument Valley nach Page, AZ
    29.6 > Fahrt über Antelope Canyon zum Grand Canyon North Rim nach Kanab, UT
    30.6 > Fahrt über die Coral Pink Sanddunes und den Zion National Park nach Las Vegas, NV
    01.7 > Las Vegas
    02.7 > Las Vegas > Apple Valley, CA
    03.7 > Fahrt nach L.A.
    04.7 > L.A.
    05.7 > L.A.
    06.7 > L.A.
    07.7 > Heimreise LAX>CDG>LUX


    Knapp 8 Stunden später klebte ich natürlich wieder am Fenster (also so gut es ging, meine bessere Hälfte hatte eigentlich den Fensterplatz) und beobachtete den Lande-Anflug.....erschien mir etwas langsam, aber alles ging gut und wir setzten sanft auf dem Runway auf. Während ich noch beruhigt ausatmete und die Armlehne langsam losließ, meldete meine Begleitung die sofortige Suche nach einer Toilette als höchste Priorität an. Na gut, also nix mit Sprint zur Immigration. Ich beruhigte sie und meinte irgendwas in der Art von "Keine Angst, der Flieger is gleich am Gate!"......diese Rechnung hatte ich allerdings ohne den JFK gemacht. Die AirFrance-Maschine fuhr...und fuhr...und fuhr....vermutlich einmal um den ganzen Flugplatz (laut Google Earth ist das sogar möglich), gefühlt waren es locker 3x. Irgendwann hatten wir dann endlich das Gate erreicht...die nächsten Minuten waren Sprint pur...hat aber noch alles geklappt ;)
    Die Immigration verlief trotz sehr langer Schlange erstaunlich schnell, der Officer meinte scherzhaft, ich käme aber nicht schon wieder zum Studieren, oder? ...erstaunlich locker hier, da hab ich schon anderes mitbekommen. Es dauerte jedenfalls nicht lange und wir waren auch durch den Zoll durch...und wurden schließlich draußen von der schwülen Luft erschlagen. Unfassbar, wie warm es war!


    Und hier steh ich nun....die Freundin raucht und bei mir läuft gerade alles in Zeitlupe ab....die klassischen New York-Taxis, brummelnde Shuttle-Busse, grimmig dreinschauende Officer und ein Multi-Kulti-Gewusel, wie es es vermutlich nur hier gibt. Endlich wieder die vertraute Sprache...obwohl ich noch nie in New York war, fühle ich mich schon jetzt pudelwohl und auch irgendwie zuhause.....und das obwohl die Westküste noch ein paar tausend Kilometer entfernt ist ;)


    Bevor es zum Hotel geht, setzen wir erst noch unsere Baggage-Storage-Planung um und nutzen dazu den AirTrain, der uns zu unserem morgigen Abflugs-Terminal (4) bringt. So haben wir morgen keinen Stress und müssen nicht noch zwischen den Terminals hin und herswitchen. Kurze Zeit später sind unsere Koffer in hoffentlich sicherer Verwahrung und wir begeben uns nur mit Rucksack bepackt wieder zurück zum AirTrain welcher uns zum Federal Circle bringt. Hier sind nicht nur alle gängigen Mietwagen-Firmen sondern auch die Hotel-Shuttlebusse anzutreffen. Wir haben uns aufgrund der späten Ankunft zu einem Flughafen-Hotel entschieden, um nicht noch spät abends durch womöglich unbekannte Gegenden zu stolpern.
    Nach kurzer Suche haben wir das DaysInn-Shuttle gefunden und werden im Handumdrehen dorthin chauffiert. Zusammen mit anderen Ketten zwar in einer wenig attraktiven Gegend gelegen (ein nicht enden wollender Schulbus-Parkplatz liegt direkt gegenüber) sollte es für diese Nacht aber seinen Zweck tun. Die Zimmer selbst sind sauber und ansprechend eingerichtet...ich schiebe die ersten Dollar in den Getränke-Automaten und bei einer verdienten Feierabend-Coke genießen wir vor der Tür noch für ein paar Minuten die New Yorker Luft....unglaublich, dass wir jetzt hier sind. Dann wird der Wecker gestellt, morgen muss es verflucht früh losgehen, damit wir was von der Stadt sehen, bevor es um 19h mit einer Delta 757 Richtung Westküste geht...

  • .alle möglichen Absturz-Szenarien sind bei mir omnipräsent, ich bin stets über die Flugzeugtypen informiert und die Strecke hab ich sicherheitshalber meist auch im Flight Simulator abgeflogen, um die Illusion einer Kontrollmöglichkeit zu haben. Und gegen die Flugzeug-Kabine klopfe ich auch immer 2x beim Einsteigen


    :lach3::lach3:


    :pfeif:



    Schöne Runde, da freue ich mich auf mehr! :nick3:

  • Hui, wird voll hier ;) Danke für die zahlreichen Rückmeldungen! :)


    Weiter geht's...wer lieber guckt statt liest, kann sich auch mit dem kleinen NY-Clip beschäftigen, den ich von unserem Manhattan-Quickie gemacht hab......ehm...das klingt jetzt irgendwie falsch ;)
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    6.00h...der Wecker klingelt...eigentlich würden wir uns nochmal gern umdrehen, aber nix da. Uns bleiben exakt 10 Stunden, bis wir wieder in Richtung JFK Airport zurück müssen, da um 19h unser Flug nach San Francisco geht. Wir nutzen das einigermaßen erträgliche Days Inn-Frühstück und starten anschließend umgehend mit dem Shuttle Bus zurück zum Federal Circle, von wo aus uns der AirTrain für überschaubare 5$ zur U-Bahn-Anbindung bringt (ca. 10 Minuten Fahrt) Mit selbiger geht es anschließend noch eine gute halbe Stunde bis Manhattan. Wir haben die Ziele, die wir auf unserem Kurzbesuch abklappern wollen, grob abgesteckt. Als erstes steht die Staten Island Ferry auf dem Programm, auf der wir uns einen groben Überblick über die weltberühmte Insel Manhattan inkl. eines Blickes auf die Statue of Liberty machen wollen.


    Als wir in Manhattan an der Station Fulton St ankommen sind wir zunächst etwas entsetzt angesichts des Zustands der U-Bahn-Station. Da sind wir aus Europa anderes gewohnt...hier präsentiert sich der New Yorker Untergrund von einer äußerst schmuddeligen Seite, schlecht belüftet, viel Gestank und nicht gerade sauber. Dazu kommt noch, dass wir ausgerechnet an einer offensichtlichen Baustelle aussteigen....vorbei an Bauzäunen und Baulärm bahnen wir uns den Weg die Treppen hoch und irgendwann können wir Tageslicht wahrnehmen...noch 2 weitere Treppen und plötzlich befinden wir uns in einer anderen Welt. Das Erlebnis, zum ersten Mal in Manhattan an die Oberfläche zu kommen, werde ich wohl nie vergessen. Waren die Vororte von New York noch wenig reizvoll (wie in den meisten amerikanischen Großstädten) und teilweise in Flughafen-Nähe ziemlich heruntergekommen (wie in den meisten amerikanischen Großstädten ;)) fühlen wir uns gerade wie mitten in einem Film. Das Gefühl zwischen all diesen nicht enden wollenden Glastürmen im Financial District zu stehen, wo die gelben Taxis im Sekundentakt hupend vorbeifahren und überall geschäftiges Treiben herrscht ist einfach nicht in Worte zu fassen. Von diesen ersten Minuten im ikonischen Großstadtdschungel existiert auch nicht ein einziges
    Bild...wir sind viel zu überwältigt um jetzt gerade Bilder zu machen. Wir können es beide nicht fassen gerade hier zu stehen und alles erscheint so normal, es ist der Wahnsinn. Gleichzeitig verspüre ich eine seltsame Mischung aus Wut und Traurigkeit, denn alles hier erinnert an 9/11 und schon der Gedanke, wie man hier mit blankem Hass und verklärter Religiösität einen vollbesetzten Passagier-Jet reinsteuern kann treibt mir die Tränen in die Augen.



    Wir machen uns jedenfalls nach dem anfänglichen Staunen zügig auf den Weg Richtung Staten Island Ferry. Wir sind ohne Stadtplan unterwegs, aber ein Blick nach rechts offenbart das Chrysler Building, was mir verrät, dass die Südspitze Manhattans links sein muss....das weiß man als Digital Native aus GTA & dem Flight Simulator....soll noch mal einer sagen, dass man in Videospielen nix lernt ;) Man sieht uns den Touristen-Status wohl offensichtlich an, so dass wir auch einfach so von einem New Yorker angesprochen werden, der uns prompt alle erwähnenswerten Spots in der Nähe nennt.....ohne, dass wir ihn gefragt haben, versteht sich. Wir bedanken uns und amüsieren uns köstlich über den ungefragten Reiseführer, der schließlich in eines der glitzernden Bankgebäude abbiegt.



    Die Staten Island Ferry ist unglaublicherweise komplett kostenlos und pendelt ununterbrochen zwischen Manhattan und Staten Island. Die ca 8km lange Strecke durch die Upper Bay führt praktischerweise recht nah an der Freiheitsstatue dabei. Mit Betreten der Fähre sichern wir uns gleich einen Platz an der Reling und halten die Kameras bereit. Das Wetter ist heute leider etwas grau verhangen mit ganz seltenen Regentropfen, was im Großstadtdschungel aber irgendwie kaum negativ ins Gesicht fällt. Während wir langsam an der Südspitze Manhattans vorbeifahren und anschließend Lady Liberty immer näher kommt ist da wieder dieses unwirkliche Gefühl. Ich setze mich erst mal und genieße den legendären Ausblick...



    Nach einer knappen halben Stunde kommen wir wie geplant auf Staten Island an und können praktischerweise direkt wieder in die Fähre zurück einsteigen, die auch umgehend losfährt. Das kommt unserem heutigen Zeitplan natürlich zu Gute, denn schon jetzt bleiben uns nur noch 6 Stunden, bevor wir die Rückfahrt zum Flugplatz starten müssen. Da der Flug um 19h geht, haben wir 90 Minuten Airport-Time für Einchecken, Security & Co berechnet + 90 Minuten Anreise (offiziell sollte diese nur eine knappe Stunde sein, aber bisschen Polster kann nicht schaden..).




    Wieder in Manhattan angekommen geht es für uns Richtung 9/11-Memorial, welches einem im wahrsten Sinne des Wortes die Sprache verschlägt. Während das brandneue WTC One bereits in vollem Glanz erstrahlt tun sich vor uns diese 2 gigantischen Löcher auf, die die Umrisse der Twin Towers bildeten. Der gesamte New York-Hype reduziert sich plötzlich auf dieses bedrückende Gefühl, dass hier fast 3000 Menschen gestorben sind in einem unendlich sinnlosen Terroranschlag, den ich bis heute nicht so ganz realisiert kriege. Ich weiß noch genau, wie ich damals im TV mitverfolgt habe, wie der zweite Jet ins zweite WTC einschlägt und ich mir in meinem jugendlichen Kopf nicht mal ansatzweise vorstellen konnte, dass das ein Terror-Anschlag sein soll. Und ich kann mich noch genau erinnern an das Gefühl, als die Türme schließlich einstürzten...totale Ohnmacht, Ungläubigkeit...die Skyline Manhattans bildete eine derart ikonenhafte Silhouette, die nun einfach nicht mehr existierte. 9/11 beschäftigt mich mit seinen Auswirkungen bis heute, auch meine Abschlussarbeit wird sich indirekt darum drehen, so dass es heute geradezu unwirklich ist, an dieser Stelle zu stehen. Darüberhinaus muss man den New Yorkern größten Respekt für dieses gigantische und dennoch angenehm subtile und vor allem enorm stimmige Memorial zollen. Hier wird ohne Hurra-Patriotismus und auch ohne Darstellung von Feindbildern einfach nur mit 2 riesigen Löchern in einer zurückhaltenden Park-Anlage der tausenden Opfer gedacht, die hier sinnlos sterben mussten. Die Besucher verhalten sich trotz großem Andrang glücklicherweise ebenso respektvoll. Für das gerade erst eröffnete 9/11-Museum fehlt uns leider die Zeit, auch weil die Warteschlange schon davor gigantisch ist. Schweigend spazieren wir durch die Menschenmassen, vorbei an den Grundrissen der Twin Towers dem WTC One zugewandt...und irgendwie ist es ein erhabenes Gefühl zu sehen, wie schnell sich diese Stadt von diesem Jahrhundertereignis erholt hat und mit neuen Großtaten wie Phoenix aus der Asche steigt. Ein bisschen erfüllt es einen Amerika-Sympathisanten gar mit Stolz wie trotzig sich der neue Turm in Schwindel-erregende Höhen bohrt, während gleichzeitig die Vergangenheit in Erinnerung behalten wird. Wenn man zu viel darüber nachdenkt, wird aus der gesamten Anlage dann doch wieder eine leichte Selbst-Inszenierung, aber nach allem, was diese Stadt durchgemacht hat, komme ich bestens damit klar...




    Mit der U-Bahn geht's für uns weiter zum Times Square, der bei Tageslicht nicht mal ansatzweise so bombastisch rüberkommt, wie man das aus zahlreichen Filmen und Dokumentationen kennt. Wir sind recht schnell genervt von den unendlichen Menschenmassen, dem Lärm, den Baustellen, so dass wir uns erstmal in ein schmuckes Deli in einer Seitengasse verziehen und zu Mittag essen. Gestärkt geht es dann weiter zum Nordrand des Central Parks. Aus Zeitgründen können wir die gigantische grüne Lunge Manhattans natürlich nur ganz grob anreißen, aber wir sind auf Anhieb begeistert von der hügeligen Grün-Anlage mit vielen Felsen, Bäumen und Seen. Ich bin hin und weg wie ursprünglich und unberührt die Naturanlage teilweise wirkt...nicht mit deutscher Gradlinigkeit und top gepflegten, akkuraten Blumenbeeten bestückt, sondern mit verschlungenen Wegen, urtümlichen Fels-Hügeln und natürlich gewachsenen Bäumen weiß das hier viel mehr zu gefallen als die deutschen Stadtparks, die ich so kenne. Aber der Central Park ist ja auch quasi DER Stadtpark schlechthin. Auch wenn wir sie eigentlich nicht haben, nehmen wir uns die Zeit, setzen uns mit einer zuvor gekauften eiskalten Coke & Red Bull mitten rein und lassen die Szenerie auf uns wirken.....mitten im Grün mit dem angrenzenden Wolkenkratzer-Wall...der Kontrast zwischen den Welten ist geradezu elektrisierend. Noch elektrisierender sind für meine Freundin die zahlreichen Eichhörnchen, denen sie fortan für das perfekte Foto hinterher läuft. Natürlich reicht da nicht ein gutes Bild, sondern es sollte schon gefühlte hundert Aufnahmen eines jeden Hörnchens dabei sein. Mir schwant böses angesichts der ganzen Squirrels in Kalifornien... ;)





    Da uns nicht mehr allzuviel Zeit bleibt, beschließen wir Richtung Brooklyn Bridge zu fahren, über die wir eigentlich noch drüber laufen wollten. Das wird uns jetzt allerdings zu knapp, so dass wir an die Docks des imposanten Gebildes wandern und uns erneut einfach nur auf eine Bank setzen und so viel wie möglich von dieser unglaublichen Perspektive in uns einsaugen. Die Skyline Manhattans vor unserer Nase, Brooklyn und Manhattan-Bridge zu unserer Rechten und diese relaxte Atmosphäre, wie man sie aus tausenden Filmen kennt, in denen vereinzelte Großstädter am Flussufer entlang joggen oder einfach nur verliebt auf die Skyline blicken.



    Wir entscheiden uns für ersteres, denn die Zeit läuft unaufhaltsam. Wir nehmen Abschied von dem beeindruckenden Panorama und sind uns nach diesem Kurz-Trip sicher, dass wir beim nächsten Mal mit mehr Zeit wiederkommen werden. Dann geht alles ganz schnell......Subway, dann wieder Airtrain....7,50$ später kommen wir unkompliziert am Terminal 4 des JFK-Flughafens an, holen unsere Koffer beim Baggage Storage ab, checken nach einer letzten Zigarette ein, Security, kurz noch in Gate-Nähe geshoppt und dann beginnt auch schon das Boarding. 2x gegen die Boeing 757 der Delta Airlines geklopft und rein.


    Die Maschine hat sichtlich schon ein paar Jahre auf dem Buckel, die Sitze sind durchgesessen, Onboard-Entertainment ist nicht, Essen gibt es nur gegen Aufpreis.....trotzdem soll dies aus unerfindlichen Gründen einer meiner angenehmsten, entspanntesten Flüge werden. Wir starten, ich umarme mal wieder die Armlehne und New York verabschiedet sich mit einem sensationellen Sonnenuntergang eingerahmt von beeindruckenden Wolkengebilden.


  • den ich von unserem Manhattan-Quickie gemacht hab......ehm...das klingt jetzt irgendwie falsch ;)


    :D:D:D


    Noch elektrisierender sind für meine Freundin die zahlreichen Eichhörnchen, denen sie fortan für das perfekte Foto hinterher läuft. Natürlich reicht da nicht ein gutes Bild, sondern es sollte schon gefühlte hundert Aufnahmen eines jeden Hörnchens dabei sein. Mir schwant böses angesichts der ganzen Squirrels in Kalifornien... ;)


    Na da bin ich gespannt :D


    Klasse beschrieben, man hat das Gefühl dabei zu sein :daumen1:

  • Ich mag Fliegen...und gleichzeitig mag ich es auch nicht....alle möglichen Absturz-Szenarien sind bei mir omnipräsent, ich bin stets über die Flugzeugtypen informiert


    Hier hat wohl jemand noch mehr Flugangst, als meine Wenigkeit ;)


    Willkommen im Club der Schisser...:wink1:
    Und nee, Du bist nicht verrückt.
    Ich habe soeben mal in meiner Flugstatistik nachgeschaut: mit 277 Flügen habe ich schon 22.25 Mal die Erde umrundet und bin schon 2.319x zum Mond geflogen...
    Trotzdem leide ich bei jedem kleinen Wackler oder beim Wissen daß wir uns gerade über einem großen und unendlichen Gewässer befinden...und dann liebe ich wiederum die Aussicht (wenn es die gibt) und genieße
    das Gefühl des Überblicks, des langsamen Dahinschwebens über eine grandiose Landschaft...


    Ich nenne es nur noch Flugangsalzheimer...denn schon beim Landeanflug auf Berlin fallen mir wieder unendlich viele neue Reiseziele ein :tock:


    Ja und Deine Schreibe gefällt mir auch :daumen1:

  • Trotzdem leide ich bei jedem kleinen Wackler oder beim Wissen daß wir uns gerade über einem großen und unendlichen Gewässer befinden...und dann liebe ich wiederum die Aussicht (wenn es die gibt) und genieße
    das Gefühl des Überblicks, des langsamen Dahinschwebens über eine grandiose Landschaft...


    denn schon beim Landeanflug auf Berlin fallen mir wieder unendlich viele neue Reiseziele ein


    Geht mir ganz genauso :)


    New York an einem Tag nenne ich mal sportlich :D
    Aber sicher unvergeßlilch :daumen1:

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