Tag 6 (07.03.2019): Escalante - Coyote Gulch: Crack in the Wall und runter zum Fluss
Sobald wir uns von unserem Ausguck entfernen ist vom Crack wieder nichts mehr zu sehen. Wir orientieren uns also ein wenig in die Richtung und steuern an der Stelle wieder auf die Kante zu, an der es unserer Meinung nach sein müsste. Diesmal haben wir auch auf Anhieb Glück und stehen nun am Eingang.
Es gab nun schon ein paar wenige Berichte vom Crack, durchaus auch ausführliche, bei denen alles detailreich erklärt wurde, aber ich bin ehrlich: Ich habe trotz der genauen Bebilderung und Beschreibung nie gerafft, wie ich mir das Teil denn nun wirklich vorstellen darf. Tobi geht es genau so.
Der Crack in the Wall ist eigentlich kein Slot Canyon im klassischen Sinne sondern genau das, was der Name einem bereits verrät: Ein Riss in der Felswand. Ein Riss, der so praktisch gerissen ist, dass er einem einen Abstieg in den Coyote Gulch ermöglicht, sofern man abenteuerlustig, körperlich fit und nicht übergewichtig ist – den einzigen Abstieg weit und breit. Aufgeteilt ist der Crack eigentlich in zwei Cracks mit Erholungspause, aber dazu mehr wenn wir so weit sind. Ihr erinnert euch noch an das Seil, das ich gestern im Home Depot gekauft hatte? Es ist nicht stark genug um uns zu halten, aber unsere Rucksäcke wird es schaffen und genau das ist auch seine Aufgabe, denn auf dem Rücken können die nicht bleiben: Wir würden nicht durch den Crack passen.
Wir stehen genau oberhalb der schmalen Felsspalte, in die wir nun hinabklettern müssen. Der Felsen am Einstieg sieht griffig aus, runter wird kein Problem sein, hoch müssen wir hier ja nicht mehr.
Na dann wollen wir mal… Gentlemen-Like überlässt Tobi mir den Vortritt, aber zuerst muss die Jacke in den Rucksack gestopft werden, mir ist warm und die würde mich nur in meiner Bewegung einschränken. Toll – da hätte man die auch im Auto lassen können und lieber die erste Stunde ein wenig frösteln können. Jetzt schleppe ich die Jacke den ganzen Tag im Rucksack spazieren.
Hier sieht man schön, wie schmal und tief der Crack wirklich ist. Allerdings ist das längst nicht die engste Stelle, da geht noch was.
„Eeeeeeeey Tobi, lass mal lieber die Rucksäcke runter anstatt da oben rumzuhampeln“
„TOOOOOOOOOOOBI?!“
Tobi steckt das Seil erst durch die Trageschlaufe von meinem Rucksack und lässt ihn dann langsam zu mir runter, dann wiederholen wir das Spiel mit seinem Rucksack und im Anschluss wirft er mir das Seil nach unten. Ich bin unten, unsere Rucksäcke sind unten, das Seil ist unten, fehlt nur noch Tobi!
Und einmal bewegt:
Hinter mir könnt ihr eine schmale Felswand erkennen und unten drunter bereits ein Stück der Sanddüne, auf die wir gelangen müssen. Von hier oben hat man freie Sicht auf den Gulch und den weiteren Weg, allerdings ist das nur die Zwischenebene von der ich vorhin sprach. Hier ist genug Platz für uns beide und unser Gepäck um den weiteren Verlauf zu begutachten und zu überlegen, wie wir weiter vorgehen sollen.
Wieder darf ich den Anfang machen und nun wird es wirklich sehr, sehr eng. Echt, mein Körperumfang ist schon an der Grenze, viel mehr darf es nicht mehr sein.
Nach der super engen Stelle ist noch ein wenig Klettergeschick gefragt: In schräglage muss auf einen Vorsprung geklettert werden (Aufrecht passt man hier nicht mehr durch, da ist Fels im Weg) und ebenso krumm und schief muss man sich nun irgendwie in die nächste Spalte falten, deren Einstieg an der Stelle auf einen wartet.
Jetzt geht es nur noch seitwärts an den Wänden scheuernd weiter. Selbstverständlich ist auch das wieder nur ohne Rucksack möglich, Tobi wartet mit dem Gepäck wieder bis ich ganz durch bin. Schaffe ich es, dann schafft der Spargeltarzan es erst recht.
Und ich schaffe es! Juhu! Was habe ich nicht schon alles über diesen Crack gelesen und was habe ich mir vorher Sorgen und Gedanken gemacht, ob ich das schaffe. Ja, es war eng, anstrengend und abenteuerlich, aber vor allem hat es Spaß gemacht und war für mich in keinster Weise problematisch. Würde ich wieder alleine hoch kommen? Keine Ahnung, ist mir grad auch egal, ich will da nicht wieder hoch und allein bin ich auch nicht.
Ein Blick nach oben zu Tobi zeigt die Zwischenebene jetzt mal besser.
Als nächstes muss das Gepäck runter, dafür kletter ich etwas seitlich auf eine Erhöhung direkt unter Tobi. Den Anfang macht seine Kamera, gefolgt von unseren Rucksäcken.
Und dann kommt auch Tobi erwartet problemlos zu mir nach unten, auch wenn ich meine, zwischendurch sowas wie „GOTT IST DAS ENG.“ und „WAS ZUR HÖLLE“ zu vernehmen.
Glücklich über unseren ersten Erfolg klatschen wir uns motiviert ab. Die erste und hoffentlich einzige echte Hürde für die nächsten Stunden ist überwunden, wir sind nach wie vor alleine, die Landschaft ist überwältigend und das Wetter scheint zu halten. Großartig! Das mag sich jetzt alles relativ schnell und einfach angehört haben, aber insgesamt haben wir für den Abstieg durch den Crack fast 40 Minuten gebraucht, denn es ist plötzlich schon fast viertel vor 9.
Die Sanddüne hüpfen wir motiviert und beinahe lachend hinab, wohlwissend, dass wir uns hier am Ende nicht wieder hochquälen müssen.
Ein Blick zurück zum Crack…
… und ein Blick nach vorne zum Coyote Gulch.
Die Landschaft ist der Hammer, besonders, wenn man die einzige Menschenseele weit und breit ist. Wir sind noch nicht einmal im Coyote Gulch angekommen, aber wir sind schon jetzt absolut hin und weg. Ich komme mir so winzig klein vor in dieser gigantischen Natur mit den monumentalen Felsen, die riesen groß und einsam einfach seit tausenden von Jahren in der Gegend herumstehen. Dann noch der wahnsinnig beeindruckende Stevens Arch in der Felswand gegenüber, die Sonne, die Wolken… Eigentlich fehlen mir die Worte – es übertrifft einfach jede Erwartung die ich hatte um Längen.
Seht ihr die Stelle da unten an der der Felsen dunkel wird? Auf den Bildern finde ich das jetzt nicht mehr so extrem, aber vor Ort denken wir die ganze Zeit, da wäre Wasser und wir somit unten angekommen. Als wir näher kommen stellen wir überrascht fest: Nö. Das ist kein Wasser, das ist ein Abgrund auf den wir da zu laufen.
Man kommt aus dem Fotografieren einfach nicht mehr raus…
Wie auch bei der Kulisse?!
Immer weiter geht es hinunter… Der Crack und die dazugehörige Felswand sind schon ewig nicht mehr zu sehen.
Der letzte Abstieg zum Fluss ist nochmal nicht ohne, besonders, wenn der Felsen und der Sand nass sind. Man muss echt aufpassen, dass man nicht wegrutscht.
Zurück auf sicherem Sand sehen wir ihn endlich:
Willkommen Freunde im Coyote Gulch! Es ist jetzt 9 Uhr, wir sind seit zwei Stunden unterwegs und jetzt kann es endlich richtig los gehen Verlaufen wird ab hier schwierig, da wir nur noch dem Verlauf des Gulches und des Flusses folgen müssen – dennoch wird es nicht immer leicht sein den passenden Weg zu finden.
[Tobis Version vom Crack und Abstieg findet ihr hier: KLICK]