23.02.2019
Nach nur sechseinhalb Stunden wache ich gegen 7:00 morgens erstaunlich munter auf. Zwar hat mein Kopf immer noch nicht so ganz realisiert, dass ich heute das erste Mal für länger als eine Woche allein in den Urlaub fahre, aber die Vorfreude, die hat sich heute dann doch schon breit gemacht. Das Frühstück besteht heute ausnahmsweise mal nicht aus den klassischen Resten „da der Kühlschrank leer werden muss“, nein, da das Leben hier im Haus ja die nächsten drei Wochen weitergeht komme ich in den Genuss eines fantastischen samstäglichen Frühstücks.
Danach war es dann Zeit noch mein Handgepäck im Auto zu verstauen und dann konnte es auch schon losgehen, nicht ohne vorher noch ein Foto von mir und meinem dicken Reisebibelwälzer zu machen.
Draußen war zwar strahlend blauer Himmel und auch die Sonne schaute bereits heraus, doch die Temperaturanzeige im Auto meldete -5°C und somit schon einmal eine Einstimmung auf die erste Woche meines Urlaubs. Wir fahren zu Dritt zum Flughafen, nachdem ich festgestellt hatte was drei Wochen Parken am Airport aktuell kosteten und da Mama einen Firmenwagen zur Privatnutzung hat, hat sie sich netterweise bereiterklärt mich zu bringen und abzuholen. Die Fahrt zum Flughafen war schnell abgehandelt, außer uns waren nur wenige Autos auf der Straße unterwegs und so war es wenig verwunderlich, dass wir schon 10:00 auf dem Tegelzubringer waren. So früh bin ich es ja gar nicht gewohnt am Flughafen rumzuhängen, also geht es zum nächstgelegenen McCafe für ein letztes gemeinsames Essen für drei Wochen.
Ich entscheide mich für einen Brownie und einen Latte Macchiato, letzteren aus weiser Voraussicht mal lieber in klein, man weiß ja nie wann die nächste Toilette in Sichtweite sein wird. Wir quatschen also noch ein wenig und fahren dann endgültig die letzten Kilometer zum Flughafen. Einen Parkplatz finden wir direkt vor dem Eingang und jetzt kommt der sich für mich am Komischsten anfühlende Teil. Nach der Verabschiedung, ja, ich sehe Mama an, dass sie am liebsten mit in den Flieger gestiegen wäre, gehe ich zum ersten Mal allein in Richtung eines Interkontinentalflugs, während das Tagesziel für Mama und Papa heute Potsdam heißt.
Als mein Blick auf der Suche nach BA983 über die Abflugtafel schweift realisiere ich dann zum ersten Mal, dass ich dieses Mal wirklich ganz ganz alleine unterwegs bin, da auch keiner meiner Freunde hier neben mir steht. Abgesehen davon, dass es mir aufgefallen ist, habe ich aber überhaupt keine Probleme damit, also nehme ich mal an, dass ich es auch die nächsten Wochen mit mir allein aushalte .
Vor der Gepäckaufgabe steht eine sehr sehr lange Schlange und nachdem ich gefühlt einmal bis Frankfurt an der Oder gelaufen bin stehe ich auch an deren Ende. Hier geht es wirklich nur sehr schleppend voran und so nutze ich die Zeit um die ganzen WhatsApp Chats, die mir eine gute Reise wünschen auch einmal zu beantworten.
Als ich mein Gepäck auf die Waage stelle stehen dort 22,4kg Startgewicht. Autsch, das wird knapp auf dem Rückflug und vor Allem auf dem Inlandsflug. Ich erlege mir also striktes Shoppingverbot auf, zugegeben, dafür hab ich sowieso keine Zeit eingeplant und begebe mich zur Sicherheitskontrolle. Ich weiß nicht ob meine neue und vor dem Urlaub angeschaffte Fototasche einen seriöseren Eindruck macht als mein doch schon etwas „abgeranztes“ Vorgängermodell, aber bei dieser Kontrolle fallen alle meine „liebgewonnenen“ Traditionen dieses Mal aus. Kein Wischtest an Kamera und Objektiven, keine Fragen zur Milliamperestundenzahl der Powerbank, nix. Die Tasche kommt einfach wieder aus dem Schlund und ich stehe quasi im Flugzeug. Da Tegel ja noch aus einer Zeit vor Flughafensicherheitskontrollen stammt hat hier ja jedes Gate seine eigene Kontrolle.
Auf meinem Ticket steht Boarding Group 4 und daher betrete ich als einer der Letzten das Flugzeug. Es gab auch noch Boarding Group 5, aber das ist dann wahrscheinlich der Gepäckraum .
Ich sitze auf Platz 33F und damit am Fenster, allerdings war es das dann auch schon mit Annehmlichkeiten auf dem Flug. Die Ecoplätze der Eurotraveller sind für mich als durchschnittlichen Einmeterachzigmitteleuropäer einfach nur eins, eng, und mit recht großen Fototasche unkomfortabel.
Meinem Gefühl nach hatte ich auf meinen letzten Easyjetflügen mehr Sitzabstand. Dazu kommt noch, dass meine Nebensitzerin ihren ganzen Hausstand mitbringt, wodurch dann auch von links sämtliche Bewegungsfreiheit durch Kissen und Decken genommen wird.
Während ich noch denke, dass es nach Heathrow ja nur ein kurzer Hüpfer ist und ich das schon irgendwie überlebe knackt es über mir in der Decke und man hört die Stimme des freundlichen Piloten. Der teilt mit, dass es aufgrund des typischen Londoner Wetters, sprich Morgennebel, mittlerweile einen Backlog von drei Stunden gäbe und sich unser Abflug daher um mindestens eine Dreiviertelstunde verzögert. Spätestens nach dieser Aussage tun mir meine leicht überlangen Beine leid, um meinen Flug muss ich mir keine Sorgen machen, der Schnäppchenflug hatte eh eine viel zu lange Umsteigezeit in der ich mich nur gelangweilt hätte.
Die Zeit vertreibe ich mir damit mit ein paar Forianern zu chatten, um genau zu sein Sarah und Jules, und mich bei beiden ordentlich über den Sitzabstand bei British Airways auszukotzen. Ändert zwar nichts an der Situation, macht aber trotzdem Spaß.
Nach einer Stunde geht es dann endlich los auf einen sehr ruhigen und, wenn man vom Platzangebot und der Tatsache, dass es aufpreisfrei nicht einmal den Hauch eines Getränks gibt mal absieht, angenehmen Flug. Bei bestem Wetter und immer noch strahlendblauem Himmel sind die Ausblicke aus dem Flugzeug fantastisch, ich hätte euch die auch schöner fotografisch festgehalten wenn das Fenster saubergewesen wäre, so müsst ihr aber mit dem Vorlieb nehmen was da ist.
Auf unserer Flugroute sieht man viel plattes und grünes Land, einige Autobahnkreuze, Holland, OffShore Windparks und typisch englisch hügelige Landschaft in der sich ein wenig Hochnebel verfangen hat, was auf Bildern sehr hübsch ist.
Kurz darauf dann Touchdown in Heathrow, soweit das Auge reicht ist hier nichts anderes als British Airways an die Außenseite der Maschinen gepinselt, ich habe Zeit das ausgiebig zu analysieren, schließlich war unsere Ankunft hier scheinbar völlig überraschend und daher war kein Equipment vorhanden das uns zum Gate fährt.
Ich muss jetzt eigentlich nur das Terminal wechseln, vorher kommt allerdings die bei US-Airlines typische Vorbefragung. Diese ist für mich als alleinreisenden 18-24 Jährigen heute besonders gründlich:
Grund der Reise,
Länge der Reise,
Warum drei Wochen,
Nein ernsthaft: Warum gerade drei Wochen,
Wohin soll es denn gehen,
Warum gerade dorthin,
Was ich beruflich mache,
Was ich studiere,
Wo ich studiere,
Wie die Uni heißt, etc.
Kurz bevor wir bei der Frage nach der Konsistenz meines letzten Stuhlganges sind, ist das Gespräch dann aber doch vorbei und ich kann in den Bus Richtung Terminal 3 steigen. Dieser fährt an einer Reihe geparkter A380 vorbei, die sind zwar bei weitem nicht so elegant wie die gute alte 747, aber dennoch ein wahnsinnig imposanter Anblick.
Am Terminal 3 angekommen heißt es dann erst einmal warten auf die Bekanntgabe des Gates, zwischen 15:00 und 15:45 vertrieb ich mir die Zeit einfach nur mit Handyladen und Däumchendrehen, schickte meine endgültige Reiseroute noch an meine Eltern und haderte mit mir ob es sich denn jetzt noch lohnt ein überteuertes Flughafenessen zu mir zu nehmen.
Als das Gate dann bekannt gegeben wurde entschied ich mich gegen das Essen und für den Besuch der sehr sauberen Toiletten hier. Die Kabine hier ist zum Glück sehr geräumig und daher groß genug für mich, meine beiden nicht gerade kleinen Handgepäckstücke und eine sanitäre Einrichtung.
Am Gate A13 angekommen, lustigerweise bin ich schon in Berlin ab A13 geflogen herrscht Arbeitsteilung. Die erste Dame malt einen Haken auf mein Flugticket, der zweite Herr im Anzug schaut sich diesen Haken exakt 2,37m entfernt noch einmal genau an und wünscht mir einen guten Flug. Hier bei American Airlines gibt es quasi unendlich viele Boarding Groups. Ich bin in Group 7 und einer der ersten im Flugzeug.
Auf diesen Flug habe ich mich bereits seit der Buchung gefreut, der Flug nach Chicago wird nämlich mit einer Boeing 787 durchgeführt, besser bekannt unter ihrem Namen „Dreamliner“. Neben seinen handfesten Vorteilen für die Airlines - unter anderem wird durch Leichtbau und dadurch geringeres Gewicht in Verbindung mit besserer Aerodynamik und modernen Triebwerken eine höhere Reichweite bei signifikant niedrigeren Spritkosten erreicht – soll dieses Flugzeug auch das Reisen als Gast auf ein neues Level bringen.
Die bekannteste Neuerung sind hierbei die Fenster. Diese werden nicht mehr durch eine auf- und abschiebbare Blende verdunkelt, sondern die Scheibe selbst verdunkelt sich mittels Elektrochromie. Das funktioniert nach demselben Prinzip wie automatisch abblendende Spiegel, die ihr eventuell im Auto habt. Da man sich dadurch nun den Platz für die Verblendung spart sind die Fenster riesig. Außerdem soll durch leisere Triebwerke der Komfort gesteigert werden und ein System steuert automatisch gegen eventuell auftretende Turbulenzen gegen um Reisekrankheit zu verhindern. In der Kabine wurde zudem die gesamte Beleuchtung auf verschiedenfarbige und dimmbare LED umgestellt um eine Wohlfühlatmosphäre schaffen zu können und dank niedrigerem Kabinendruck und einer Luftfeuchte von 15% (10% mehr als in regulären Flugzeugen) soll man einfach entspannter ankommen.
Und jetzt schauen wir mal ob der Vogel auch hält was er verspricht .