Warum fahre ich erst so spät? Nun ja, bei den Vorherrschenden Temperaturen freut man sich über jedes Grad, dass die Sonne bereits erwärmt hat, außerdem wird diese Wanderung wahrscheinlich einen Großteil meiner Kraftreserven aufbrauchen, damals wusste ich ja noch nicht, dass ich mir in diesem Urlaub noch eine krassere aufhalsen werde - wer Sarahs Bericht gelesen hat der weiß welche ich meine .
Ich glaube so viele Lagen wie heute hab ich noch nie in meinem Leben angezogen. Mein Michelinmännchenlook besteht aus:
Oberkörper: Unterhemd, atmungsaktives und schweißhemmendes Sportshirt, Pullover, Wolljacke, Windjacke
Beine: Unterwäsche, lange Unterwäsche, Skihose, Merinowollsocken, wasserdichte Lowa Wanderschuhe
Kurzum: Ich kann im Hotelzimmer nur in Unterwäsche laufen, weil ich sonst einen Hitzekoller bekomme.
Vorher muss ich aber noch einmal nach draußen, ich habe gestern erfolgreich meinen extra für diese Wanderung gekauften Thermosbecher vergessen. Ich laufe also noch einmal schnell zum Auto nur um festzustellen, dass auch dieser Becher bei -16°C natürlich zum Eiszapfen wird. Das Metall ist so kalt, dass die Zunge festfrieren würde. Mangels einer besseren Alternative lege ich ihn auf den Ausströmer der Heizung und drehe die Temperatur voll auf während ich mit der Kaffeemaschine zwei Becher kochend heißen schwarzen Tee koche.
Auf Kaffee verzichte ich lieber, denn Kaffee läuft bei mir schneller durch als Tee und bei den drölfzig Lagen die ich trage wäre es wahrscheinlich schon zu spät bis ich die alle ausgezogen habe .
Um zehn schließlich ist der Rucksack mit einem Müsliriegelarsenal, Hand- und Fußwärmern und der Thermosflasche bepackt, sämtliche Kameras samt Ersatzakkus darin verschwunden und ich trage durch meine Kleidung gefühlt 10kg extra mit mir herum. Zeit zum Aufbruch!
Ich mache noch einen kleinen Abstecher zur Rezeption um zu erfragen wie weit die Chapel Road geschoben ist, zwar gibt es online auf der Seite des NPS eine schlecht skalierte PDF-Karte, aber das kann sich hier oben ja permanent ändern.
„Chapel Beach is my absolute favourite hike“, ist der erste Satz der den Mund der netten Rezeptionistin der mich gleich in meiner Planung bestätigt. „Unfortunately I think the road is only plowed until Van Meer“. Boom, vorbei, Van Meer liegt 4,5 Meilen vom Abzweig der Chapel Basin Road entfernt, dazu kommen noch einmal 5,4 Meilen die Straße hoch und dann bin ich erst am Parkplatz des Chapel Loops.
Etwas niedergeschlagen frage ich nach Alternativen.
Alternative 1 ist ein Snowmobile, das fällt allerdings nicht nur preislich aus dem Rahmen mit weit über 200$ Mietpreis, nein, auf NPS Grund darf man damit auch gar nicht fahren.
Alternative 2 ist ein Hike zum Miners Beach, hier müsste ich nur 2,2 Meilen oneway laufen ehe ich am Trailhead ankomme.
Ich entscheide mich für Alternative 2 und da der hohe Schnee und die eisigen Temperaturen nicht gerade ein angenehmes Klima zum Übernachten ist lege ich meine späteste Rückkehr bevor das Hotel den Rettungstrupp alarmiert auf 20:00, knapp 3 Stunden nach meiner geplanten Rückkehr am Auto, und verabschiede mich.
Durch das tief verschneite Munising, ich komme immer noch nicht darauf klar, dass die Schneeberge vor den Häusern hier fast so hoch sind wie die Häuser selbst, fahre ich ein weiteres Mal auf die H-58.
Die Straße hier ist zwar geschoben, aber denkt nicht man würde auf Asphalt fahren. Allerdings hat zumindest mein Auto hier weder Spur- noch Traktionsprobleme und so kann ich die Straße mit ca. 45mph entlangfahren.
Der Abzweig zur Miners Castle Road ist schnell erreicht, doch die Straße ist noch bis zum Horizont geschoben. Da immer noch früher Vormittag ist und ich ja immer noch zurückfahren kann beschließe ich mal es zu riskieren und versuche bis zur Chapel Road durchzukommen. Dort sieht auch das Wetter besser aus und so fahre ich bald durch die hübsch verschneite und vom Sonnenschein richtig toll beleuchtete Landschaft, ab und an wirkt der Himmel sogar mehr blau als weiß.
Irgendwann weist mich ein Schild darauf hin, dass die Straße nur noch für eine gewisse Meilenzahl geschoben ist. Google Maps ist dank fehlendem Handynetz mittlerweile ausgestiegen, aber nach meinen Berechnungen müsste es genau reichen und tatsächlich erreiche ich 14 Meilen nach der Abzweigung zu den Miners Falls die Abzweigung zum Chapel Basin Parking Lot und damit den kleinen Ort Melstrand.
Da hier sogar wieder ein wenig Handyempfang vorhanden ist rufe ich kurz bei der Rezeption an und gebe meine Zimmernummer und meine Planänderung durch, safety first. Die Rezeptionistin bedankt sich, wünscht mir viel Spaß und ich bin auf dem Weg zu meinem ursprünglich geplanten Hike. Unterwegs treffe ich auf eine Crew mit Räumfahrzeugen, die mir noch bestätigen, dass die Straße bis zu der in der NPS-Karte vermerkten Kreuzung beräumt ist und wenige Meilen später komme ich dort dann auch an. Wie man sieht sollte man hier mit einem Auto vielleicht nicht unbedingt weiterfahren.
Problem: Wo parke ich? Natürlich rechnet hier keiner mit Winterwanderern und dementsprechend ist die Straße hier genau für das freigeschoben was ihr Zweck ist und keinen Millimeter mehr. Zwei Autos, die aneinander vorbeikommen, aber keine Parkplätze.
Da ich hier nicht in irgendwelchen Einfahrten parken möchte fahre ich ein Stück weiter um am Rand einer in Google Maps vermerkten Straße zu parken. Hier ist praktischerweise auch eine Art „Parkbucht“ freigeschoben und so sattele ich meinen Rucksack, klappe den Spiegel an und laufe los.