Einer der schönsten, aber auch anstrengendsten Wanderungen, die wir in den Vereinigten Staaten von Amerika gemacht haben, war die Bergtour zum Rainbow Rock Arch. Lehnt Euch zurück und genießt oder leidet.
Wir befinden uns mitten in Idaho, weit abseits menschlicher Zivilisation und das Abenteuer beginnt:
Die Sonne hängt wohl noch auf dem Atlantik rum, als der Wecker klingelt. Stockdunkle Nacht, die Augen sind noch schwer, aber die Vorfreude steigt. Als wir das schützende Hotel verlassen, erwarten uns keine Death Valley Temperaturen. Das Auto ist zwar aufgetaut, aber es ist nicht weit bis zum Gefrierpunkt. Müde, kalt, kein Frühstück – manchmal hat es der Hiker schon schwer.
Wir verlassen McCall nach Nordosten und es dauert nicht lange, bis der Teer das Zeitliche segnet. Die Piste ist jedoch top. Mit fast normaler Geschwindigkeit passieren wir den Little Payette Lake. Das ändert sich aber bald. Nach 14 Meilen beginnt die Steigung. Immer weiter schrauben wir uns nach oben und das Helle, das wir inzwischen erblicken, ist noch nicht die Sonne. Der Schneeräumer war offensichtlich erst da, die ausgefräste Straße ist zwar ziemlich frei, aber nach der Räumaktion wollten wohl ein paar, nun gefrorene Teile zurück auf die Fahrbahn. Unser Chevy Traverse gibt auf, der vordere Spoiler und der Unterboden danken es ihm. Etwas Aufwärmprogramm! Immer wieder steigen wir aus und räumen mit den Händen die Straße. Handschuhe wären sehr recht, sind aber leider nicht im Reisegepäck. Wenn das so weiter geht, dann sind wir da, wenn wir wieder zurück müssen. Als es jedoch auf der Ostseite des Lick Creek Summit wieder nach unten ging, war zumindest dieses Problem gelöst. Das nächste wartete jedoch bereits.
Die inzwischen erhellende Sonne strahlt den Grader an, der nun seelenruhig die Ecken und Kanten der Straße schleift. Ein paar Steinbrocken bleiben über, aber langsam sind sie ohne Schaden zu passieren. Der einsame Arbeiter fährt irgendwann zur Seite und mit einem freundlichen Gruß verschwindet er im Rückspiegel. Seine Kameraden lassen leider nicht lange auf sich warten und als der letzte Caterpillar einen Pullout nutzt, um auf die Seite zu fahren, verlassen wir das Schritttempo ziemlich zügig. Der Lick Creek liegt hinter uns und wir treffen auf den Secesh River. Es ist flach und es geht nur so dahin. Aber was ist das?
Auf die Ferne sehe ich ja noch wunderbar, aber was mir ins Auge sticht, trifft mich ins Herz. Ein Baum quer über der Straße. Das war ‘s! Je näher wir jedoch dem Teil kommen, desto klarer wird, dass es sich hierbei um eine Art Schikane handelt. Die Straßenmeister haben ziemlich exakt in Pickup-Breite die Bäume abgeschnitten und so kann man sehr vorsichtig zwischendurch. Ungefähr bei der 7. Durchfahrtaktion, man wird ja immer geübter, bin ich wohl zu schnell rangefahren und habe einen Ast übersehen, der entgegen der Fahrtrichtung in die Dirtroad starrte. Gehört habe ich ihn gleich, als er alles andere als sanft meine komplette rechte Seite von vorne bis hinten betatschen muss; respektive des Travers’. Do you have all insurances, honey? Yes Mam! That helps. Nach 41,3 Meilen Abenteuerfahrt sind wir am Deadman Trailhead, direkt an der South Fork des Salmon Rivers und es hat inzwischen schon sage und schreibe 45 Grad Fahrenheit.
Das Wasser rauscht, die Bäume wiegen sich im Wind und vor uns, gegenüber der Straße, geht es bergauf! Ein kleiner, durchaus namhafter Anstieg auf den ersten Absatz, der dank Serpentinen problemlos zu meistern ist. Und dann spazieren wir stetig hinauf, am Deadman Creek entlang. Der Pfad wird nicht oft benutzt, ist aber gut zu sehen und zu wandern. Wir wundern uns über Motorradspuren und kommen zu dem Ergebnis, dass die Waldarbeiter, die den Trail pflegen, über so ein Vehikel nach oben kommen. Eine Stunde lang wandern wir wunderbar und unaufgeregt dahin, – wir freuen uns auf das Ziel.
Dead Man Walking, ein Film über die Todesstrafe aus dem Jahr 1995. Dead Man Walking, ein Ruf der us-amerikanischen Gefängniswärter, wenn ein zum Tode Verurteilter aus seiner Zelle zum Hinrichtungsraum geführt wird. Vergleiche, die nicht angebracht sind, die hinken, aber wir befinden uns im Deadman Creek. Und jetzt, nach dieser ersten Wanderstunde, wird aus der Wanderung eine Qual. Der Trail ist nur bis hierher gepflegt und geräumt, jetzt ist Schluss mit lustig. Alle paar Meter liegen die Stämme von verbrannten und umgefallenen Bäumen quer. Ein Ausweichmanöver gibt es selten, da das Gestrüpp zu passieren noch anstrengender wäre. Vielleicht drei Mal war es noch lustig, auch wenn es Zeit kostet, dann war es nur noch anstrengend. Und als knapp über drei Meilen die Steigung massiv zunimmt, wird es zur Qual. Die Bäume geben uns den Rest, ich sehe aus wie ein Grubenarbeiter: Kleidung, Hände und Gesicht sind schwarz! Nach jeder Übersteigung schöpfen wir Hoffnung, denn je weiter es nach oben geht, desto lichter wird der Wald. Aber es hört nicht auf. Wir sind noch nicht mal drei Stunden unterwegs und ich sage es ganz ehrlich, wenn Monika nicht hart geblieben wäre, ich hätte kehrt gemacht. Nach 3,5 Stunden sind wir oben an der Rainbow Ridge, die schwarzen Bäume sind Vergangenheit und stehen uns nur noch ins Gesicht geschrieben. Jetzt hoffen wir, dass die Querung nach Süden leichter wird.
Na ja, leicht ist was anderes, denn der Bergrücken hat einige Buckel, die es hinauf- und hinabzusteigen gilt. Der Trail verlangt uns so viel ab, dass wir nur schüchterne Blicke für das tolle Panorama und die schönen Hinkelsteinformationen, die hier oben stehen, haben. Tief in Idaho, tiefer kann man vielleicht nicht sein. Nach gut vier Stunden haben wir Sichtkontakt zum Objekt der Begierde. Und etwas weiter schlägt das GPS Alarm, wir verlassen den Trail und wandern querfeldein zum Rainbow Rock. 4,5 Stunden, 7,2 Meilen, über 1.000 Höhenmeter, wir sind da, völlig fertig, aber es ist fantastisch! Der Rainbow Rock Arch aus hellem Felsen sieht wie ein knochiger Finger aus, der die andere Seite des Felsen berührt. Eine ungewöhnliche Form, so ganz anders als die Sea Arches oder die Felsentore im Westen. Wir sind glücklich, vor allen Dingen, dass wir nach all den Hindernissen, die uns seit früh Morgen begleiten, doch noch gelandet sind!
Nur drei Stunden und zwanzig Minuten haben wir bis zum Auto zurück gebraucht, aber heute sind wir echt an unsere Grenzen gestoßen. Auch die Rückfahrt war kein Vergleich zu heute früh. Inzwischen waren alle Bäume von der Straße entfernt, der Pass war wunderbar gesandet und die Schneebrocken haben wir ja bereits selbst beseitigt. Wir hatten sogar die Zeit und die Muse, aus dem Auto vier tolle Wasserfälle zu bewundern. Die sind uns bei der Hinfahrt nicht aufgefallen. Nach insgesamt 12,5 Stunden war die Dusche nur so eine Wohltat.
Diesen Hike und 227 weitere Wanderungen findet Ihr auf hier