A 2-day rush through London...
...oder Schnappatmung-Hannibal schlägt wieder zu? Da ich momentan etwas in Schreibelaune bin, lasse ich euch an unserem aktuellsten Reise-Quickie teilhaben...London gibt's hier schon öfter, aber es zwingt ja keiner euch zum lesen...
Zum Vorgeplänkel...da mir zu Weihnachten für meine Freundin keine guten Ideen kamen und ich am Valentinstag chronisch unkreativ und immer viel zu spät an bin, lieferte mir der Ryanair-Newsletter Ende November letzten Jahres den passenden Geistesblitz......ein Kurz-Trip nach London am Valentinstag-Wochenende! Die Flüge waren einigermaßen günstig, waren es aber - wie immer - nach genauerer Betrachtung der Abflugzeiten dann doch nicht mehr so. Ich hätte den Freitagabend-Flug mit Sonntag-Morgen-Rückflug zwar wahnsinnig günstig haben können (29 Euro pro Kopf), aber hätte unterm Strich nur den Samstag gehabt inkl. megaspäter Ankunftszeit in London und sehr frühem Abflug. Also verbrachte ich ein bisschen Zeit auf der undurchsichtigen Billigflieger-Seite und fand schließlich doch noch eine einigermaßen erträgliche Kombination ab Köln-Bonn, deren Ticketpreis dann aber auch schon bei 75 Euro lag (im Nachhinein...das British Airways-Ticket von Lux nach Heathrow wäre nur 25 Euro teurer gewesen...hätte ich das im November gewusst, hätte ich den Aufpreis für die etablierte Airline vermutlich gerne bezahlt..).
Abflug ab Köln am 14. Februar früh morgens und Rückflug am 15. Februar am Abend...so in der Art hatte ich mir das vorgestellt. Unter der Woche ging aufgrund eines strammen Praktikum-Schedule leider nix, also mussten wir uns mit den 2 WE-Tagen begnügen...aber hey, wir haben Manhattan an einem Tag durchgenommen Da London im Februar Wetter-technisch nicht das sicherste Ziel ist, hatte ich ein zentrales Hotel dazugebucht, in dem es sich bei evt. Regen auch gut in einem komfortablen Zimmer aushalten ließe. Da ich dank der Flugkombination auch nur eine Übernachtung brauchte, durfte es auch was besseres sein und wurde dann nach einiger Recherche das 4-Sterne-Mercure-Hotel an der London Bridge, Flughafen-Transfer von London Stansted (einziger RyanAir-Anflugs-Punkt) hatte ich ebenso vorgebucht (Bus in die City (8 Pfund) und den Express-Zug (16 Pfund) zurück, um Stau-Faktoren vor dem Abflug zu umgehen) und dann noch gleich das Restaurant für den Valentinstag-Abend reserviert...ausnahmsweise war ich mal perfekt auf den blödsinnigen Tag vorbereitet
Anyway, schnell war der romantische Kommerztag gekommen und der Wecker klingelte zur unsympathischen Zeit mitten in der Nacht. Da der irische Billigflieger nur Handgepäck erlaubt, bzw. für alles andere Aufpreis verlangt, teilten sich Kleidung, Wäschebeutel und Foto-Ausrüstung meinen neuen randvoll gepackten Foto-Rucksack. Um 5h ging's los Richtung Flughafen Köln-Bonn und gut 1 1/2 Stunden später waren wir da, suchten das billigsten Parkhaus auf dem Gelände (immer noch 18 Euro/Tag) und begaben uns nach einer letzten Zigarette zum Check-In....ach ne, den gibt's ja hier nicht. Man fummelt die E-Tickets aus dem Rucksack, hält sie unter einen Scanner und steht schon an der Sicherheits-Schleuse...schöne neue Welt...
...wenig später waren wir schon durch und warteten am Gate...Shops hatten noch alle zu...super...wenig später startete dann auch schon das Boarding. Oder das Pre-Boarding? Wie auch immer man es nennt, eine Ryanair-737 wird nicht an die Gangway angeschlossen, da die Umschlagszeit laut Firmenpolitik im Idealfall 25 Minuten betragen soll....das ist ziemlicher Wahnsinn...innerhalb von 25 Minuten soll die Maschine landen, zum Gate fahren, Passagiere samt Gepäck ausspucken, direkt wieder geboardet werden und ab geht's weiter...so wird Geld verdient Als Passagier steht man deswegen nach dem Boarding noch nicht im Flugzeug, sondern erst in der Gangway (die eben nicht an den Jet angeschlossen ist) und anschließend an der Treppe zum Vorfeld in der Kälte. Sobald der Jet bereit ist und hoffentlich ausreichend betankt wurde, darf man dann endlich durchgefroren rein...
Warum fliegt man nochmal mit dieser Airline? Als Studenten haben wir nur ein recht begrenztes Budget, simple as that. Sicherheits-technisch braucht man sich keine Gedanken zu machen, die Flotte der Iren (302 Boeing 737-800 mit einem Durchschnittsalter von 6 Jahren (vgl. Lufthansa: 11,8 Jahre)) ist durch die Bank extrem jung und es gab in der 30-jährigen Geschichte noch nicht einen wirklich ernsten Zwischenfall. Über Bezahlung des Personals macht man sich aber auch besser keine Gedanken...irgendwoher müssen die Preise ja kommen, so dass man sich eigentlich schämen müsste, ein solches Unternehmen, welches seine Mitarbeiter mehr oder weniger ausbeutet, zu unterstützen. Ich hab mir auf jeden Fall vorgenommen, beim nächsten Mal den Aufpreis von 25 Euro für British Airways in Kauf zu nehmen und dafür mit einem etwas besseren Gefühl in die Lüfte zu gehen...
Die Sonne geht gerade über Köln auf, ich klopfe 2x gegen den Rumpf und die 737 wird langsam warm...perfekt! Der Startschub ist noch nicht verhallt, da befindet sich meine Kleine schon im Tiefschlaf... Der rund 1-stündige Flug gestaltet sich unspektakulär, der Landeanflug offenbart typisch englisches Wetter...dichte Wolkendecke, Nebelschwaden, Nieselregel...die Piloten steuern mit gefühlt ziemlich hohem Tempo auf den Heimatflughafen Stansted zu und lassen die 737 selbstbewusst auf die Runway knallen mit anschließender Vollbremsung...bei nasser Landebahn empfehlenswert, aber trotzdem alles andere als komfortabel....naja, gute Vorbereitung auf unseren Madeira-Trip mit dem berüchtigten Flughafen Funchal im April
In dem Moment wo wir - Ryanair-typisch - gerade mal 5 Minuten später den Flieger verlassen, stoppt der Regen und wir werden durch die endlosen Gänge des Satelliten-Terminals zum Hauptgebäude geschleust, wo sich schockierende Massen an den Passkontrollen angesammelt haben. Da wir den elektronischen Reisepass haben, dürfen wir glücklicherweise vorbei zu elektronischen Pass-Stationen, wo nur eine handvoll Leute ansteht. Schnell eingescannt und Bild gemacht und die Türen gehen auf und wir befinden uns offiziell auf britischem Boden.
Nach dem obligatorischen Rauch-Stopp geht's Richtung Bus-Parkplatz gleich gegenüber vom Terminalgebäude, wo auch schon unser vorgebuchter terravision-Bus wartet...Tickets eingescannt, Sitzplatz suchen...alles klappt perfekt Nach einer guten Stunde spuckt uns der Bus vor der Liverpool Station im nordöstlichen London aus. Wir rüsten uns mit einem Underground-Tagesticket (12 Pfund) aus und stürzen uns ins Getümmel. Erste Station machen wir an der Tower Hill Station mit Sicht auf die Tower Bridge. Da wir noch einiges an Zeit bis zum Check-In im Hotel haben, wo wir zumindest einen Teil unseres doch recht schweren Handgepäcks abladen wollen, beschließen wir trotz starker Bewölkung über die legendäre Brücke zum anderen Themse-Ufer zu spazieren und...ja...einfach diese elektrisierende Szenerie Londons zu genießen. Seit meinem letzten Aufenthalt vor 7
Jahren hat sich unglaublich viel geändert, Wolkenkratzer schießen hier wie Pilze aus dem Boden, allen voran die beeindruckende 306 Meter hohe Scherben-Pyramie The Shard gleich neben der Tower Bridge. Wie kaum in einer anderen Stadt stößt hier das alte Europa auf die neue, futuristische Welt mit allerlei architektonischen Abenteuern. Auch wenn das Wetter noch düster ist (immerhin trocken), lässt diese beeindruckende Baukunst die Stadt erstrahlen.
Einen obligatorischen Zwischenstopp legen wir in der Tate Gallery of Modern Art ein, einer meiner liebsten Plätze in London. Das weltweit größte Museum für moderne Kunst ist wie so ziemlich alle Museen in London gratis zugänglich und befindet sich in einem beeindruckenden umgebauten Kraftwerk direkt am Südufer der Themse. Mehr oder weniger regelmäßiger Besucher (also immer, wenn ich in London bin) bin ich nicht aufgrund großen Interesses an moderner Kunst, sondern eher aus Zwecken des reinen Amüsements. Was hier als Kunst in aufwendigen Installationen von gigantischem Ausmaße ausgestellt ist und von bartkraulenden Mitt-Fünfzigern Minuten-lang aufmerksam analysiert wird ist schon ganz großes Kino. Nennt mich Kulturbanausen, aber wenn erwachsene Männer vor 3 Bilderrahmen mit einem weißen Blatt Papier stehen und nach der Bedeutung suchen, nimmt das für mich schon fast satirische Züge an Beeindruckend sind viele Werke dennoch, oft aufgrund der enormen Grüße, die man sich aufgrund des gigantischen Gebäudes hier einfach leisten kann.
Stellvertretend sei hier ein Foto von einem ausgestellten Werk von Joseph Beuys, einem der bedeutendsten Aktionskünstler des 20. Jahrhunderts, gezeigt....Titel des Kunstwerks: Blitzschlag mit Lichtschein auf Hirsch!
...oder alternativ: Hannibal's erster Beitrag für die Gerümpel-Fraktion...;)
Als uns nach einem langen Spaziergang am Südufer irgendwann die Füße anfangen weh zu tun, suchen wir uns ein Cafe und entspannen erstmal ein bisschen in einem Cafe Nero bei einer heißen Schokolade (die beste, die ich je getrunken habe) und einem Tomate-Mozarella-Panini direkt am Themse-Ufer.
Einigermaßen relaxt geht es dann erstmal zum nahen Hotel. Knapp 5 Minuten vom Themse-Ufer befindet sich unser Mercure, dass trotz "London Bridge"-Beinamen erstaunlich weit von selbiger weg ist. Wir bekommen trotz der frühen Mittagszeit schon ein Zimmer, gehen erstmal hoch, laden alles ab und relaxen ein bisschen. Das Hotel selbst ist zwar stellenweise schon etwas in die Jahre gekommen (wird aber wohl Schritt für Schritt renoviert), hier
und da blättert der Lack minimal, aber sauber ist alles und das Personal ist äußerst zuvorkommend....und aus irgendeinem Grund ist das Bett perfekter als in anderen Hotels....keine Ahnung wieso, aber man hat sich kaum hingelegt und dann......zzzzzz
...eine Stunde später sind wir dank vorsorglich gestelltem Wecker wieder auf den Beinen. Wir machen uns mit abgespecktem Gepäck auf den Weg, noch ein bisschen wärmer angezogen und mit der Underground-Map im Anschlag. Von der rund 5 Minuten entfernten U-Bahn-Station geht's erst mal Richtung Westminster. Hier haken wir das obligatorische London Eye-Foto ab und erhaschen kurze Blicke auf den Big Ben sowie Westminster Abbey. Insgesamt ist uns hier aber zu viel los und wir verziehen uns mit einem Kaffee-to-go Richtung St. James Park. Er gehört zu den königlichen Parks von London und ist Teil einer rund 4 km langen, zusammenhängenden grünen Lunge (zusammen mit dem weltberühmten Hyde Park, dem Green Park und den Kensington Gardens). In Stadtparks gibt’s Hörnchen...im St. James Park sind es wohl vor allem Grauhörnchen....die Art ist eigentlich auch egal...hauptsache, sie sind klein und putzig und auffällig zutraulich. Meine Freundin ist auf Anhieb hin und weg, der Fotoapparat wird eilig hervorgekramt und das Maschinengewehrfeuer beginnt...aufgrund der diesigen Lichtverhältnisse und mangels Keksen ist unsere Ausbeute eher enttäuschend...also morgen nochmal wiederkommen...mit Keksen!
Nach dem Fellknäul-Fotoshooting statten wir noch schnell dem Buckingham Palace einen Besuch ab, Lisbeth is zuhause, zu sehen gibt’s aber natürlich nix...deswegen geht’s durch den Green Park auch relativ zügig zurück in die Underground. Da es langsam dunkel wird, heißt unser nächstes Ziel Piccadilly Circus, der Times Square von London sozusagen. Mit aufwendigen LED-Installationen taghell erleuchtet und mit Dauerwerbung penetriert, stößt hier einmal mehr Vergangenheit auf Moderne. Zur Zeiten der Konolisation als „Mittelpunkt der Welt“ bezeichnet, ist der Piccadilly Circus heute vor allem eine aufwendige, von Souvenir-Shops überflutete Touristenattraktion...gigantisch überlaufen, aber doch mit ihrem ganz eigenen Charme. Als wir ankommen, wird das ganze zudem von einer Hippie-Demonstration gekrönt, die Minuten-lang und ohne wirkliche politische Botschaft schreiend Liebe und Frieden skandieren. Egal ob Völkermord, Invasion oder NSA...die Antwort heißt immer „Loooooooooooooooooooooooove!“ Das nimmt schon leicht groteske Züge an, ich fürchte ganz so einfach ist es dann doch nicht...aber hey, immer noch besser als mit subtil braunem Gedankengut gegen die Islamisierung des Abendlandes auf die Straße zu gehen!
Der mehr oder weniger direkt an den Piccadilly Circus anschließende Leicester Square ist unser nächstes Ziel, sozusagen der Hollywood Boulevard von London. Hier reiht sich Kino an Kino, sämtliche UK-Kinopremieren finden hier statt und die belebte Fußgängerzone rundherum (besondere Empfehlung: China Town!) explodiert mit dem langsam einsetzendem Nachtleben geradezu. Hier ist die Hölle los, dutzende Straßenkünstler, in allen Farben leuchtende Hausfassaden, bombastische Multiplex-Kinos...man fühlt sich wie in einer anderenWelt, nur eine Flugstunde von zuhause entfernt.
Nach einer ganzen Weile des Herumflanierens machen wir uns schließlich auf zur St. Paul's Cathedral, einer der größten Kathedralen der Welt und eine der wenigen barock-klassizistischen Bauten Londons, die sich mit ihrer beeindruckenden 111 Meter hohen Kuppel neben den überall aus dem Boden sprießenden Wolkenkratzern noch behaupten können. Wir sind allerdings zugegebenermaßen weniger wegen der barock-klassizistischen Architektur, als viel mehr wegen dem Abendessen hier. Direkt vor der Kathedrale befindet sich nämlich das Strada-Restaurant, dass ich für den heutigen Abend auserkoren habe....bei einem vorzüglichen 3-Gänge-Valentinstag-Menü lassen wir es uns gut gehen und umgehen – wie wir nach dem Dinner erstaunt anhand der nassen Straßenoberfläche feststellen – schon wieder einem Regenschauer. Läuft ja perfekt!
Wir überlegen kurz nochmal ins Vergnügungsviertel am Leicester Square zu fahren, entschließen uns aber dann doch zum gemütlichen Spaziergang Richtung Hotel. Der führt uns spektakulär über die nur für Fußgänger freigegebene Millenium Bridge (kam u.a. prominent bei Harry Potter vor), an der wir uns noch eine ganze Weile mit gezückter DSLR aufhalten. So ganz perfekt werden unsere Nachtaufnahmen mit der neuen Errungenschaft noch nicht, aber Übung macht ja bekanntlich den Meister...
So klingt ein anstrengender, aber toller Tag in der britischen Hauptstadt langsam aber sicher aus...die Wecker sind gestellt, morgen geht’s weiter...