[Video] Road to Toroweap

  • Nach einer anstrengenden halben Stunde, die den Pathfinder im wortwörtlichen Sinn durchaus gefordert hat, kommen wir schließlich an einem Schotter-Parkplatz mitten in der Wildnis an. 2 weitere Autos halten dort, aber niemand ist zu sehen. Der Grand Canyon ist auch noch nicht sichtbar, dafür aber ein ziemlich großes Geröllfeld. Man kann grob erahnen, dass sich dahinter möglicherweise ein Tal befindet...oder die größte Schlucht der Erde, die hier so unglaublich anders erscheint. Der Grand Canyon am Toroweap Point ist kein gigantisch breiter Graben, sondern eine nur wenige hundert Meter breite klaffende Wunde im rötlichen Wüsten-Plateau. Dafür geht es vom Rand brachial und ohne Vorwarnung mehr als 1000 Meter senkrecht nach unten.


    Wir packen unser Zeug, Foto- und Filmausrüstung und klettern los. Nach wenigen Metern über Stock und Stein offenbart sich dieses unglaublich tiefe Loch vor uns, dass zunächst kein Ende zu nehmen scheint. Erst wenn man ganz nah an die Kante tritt wird deutlich, dass es hier nicht unendlich weit in die Tiefe geht. Als Höhenängstler bin ich hier voll in meinem Element. Sichtlich unentspannt taste ich mich langsam, aber immer mit genügend Sicherheitsabstand an den Rand heran, während die anderen schon die tollsten Poser-Fotos auf spektakulären Felsvorsprüngen am schießen sind. Von mir entstehen an diesem Tag eher verkrampfte, wenig fotogene Bilder, weswegen ich auf die Präsentation derselbigen verzichte ;)



    Ich begnüge mich auch lieber mit dem einmaligen Anblick, der sich mir hier auftut. Tief unter mir rauscht der Colorado River nur sehr entfernt, der gegenüber liegende Rand erscheint so ungewohnt nah...und gleichzeitig doch viele hundert Kilometer entfernt. Faszinierend wie solch eine abgelegene Szenerie noch in unserer übersiedelten Zivilisation existieren kann, wo ein eigentlich nur wenige hundert Meter entfernter Punkt einen solch gigantischen Umweg erfordert. Ich fühle mich, als würde ich am Ende der Welt stehen...60 Meilen von jeglicher Zivilisation entfernt, ohne Internet, ohne Handy-Empfang, ohne Sicherheitsnetz. Es fühlt sich an wie ein anderer Planet und doch so friedlich und harmonisch, dass es sich auch – so seltsam das jetzt klingt – wie zuhause anfühlt. Ich sitze – immer noch mit genügend Sicherheitsabstand versteht sich – am Rand, lasse die Seele (aber nicht die Beine) baumeln und versuche alles so gut es geht in mich einzusaugen. Ich hab keine Ahnung, ob und wann ich nochmal hierhin zurückkehren kann, also zählt jede Sekunde. Selbst das Filmen ist jetzt eher sekundärer Natur, weswegen die Fahrt im Video auch weit mehr Screentime hat als der Toroweap Point an sich...der Weg war das Ziel oder so ;)




    Wenn man sich dem bekannten Panorama abwendet und ein paar hundert Meter über das Geröllfeld nach Süden stapft, zeigt sich die andere nicht ganz so bekannte Perspektive in die Schlucht. 1000 Meter tiefer wird der Colorado sichtlich aufgewirbelt. Grund hierfür sind die Lava Falls, die wohl berüchtigsten Stromschnellen im Grand Canyon, verursacht durch einen natürlichen Damm aus Vulkangestein, der hier einst nach einem Vulkanausbruch den allmächtigen Colorado aufstaute. Der Weg der Lava lässt sich an der rechten Canyon-Wand noch deutlich nachverfolgen...von dem eigentlichen Damm zeugen nur noch die Stromschnellen, durch die sich gerade eine Gruppe von Wagemutigen in Schlauchbooten arbeitet (auch das ist im Video zu sehen). Wenn schon eine so massive vulkanische Barriere den Colorado nicht aufhalten kann, wirken unsere Versuche (Hoover Dam, Glen Canyon Damm) ja geradezu mickrig. Während die Rafting-Gruppe 1000 Meter weiter unten sich mitten in ihrer größten Herausforderung befindet, genießen wir auch diesen Ausblick, machen Bilder & Videos, genießen wieder...und machen anschließend Mittagspause am Auto.




    Es folgt, die Planung für den Rest des Tages....da wir morgen wieder zurück Richtung L.A. Müssen und eigentlich nur wenig Zeit für Ausflüge haben, denken wir darüber nach, noch etwas in den Tag reinzuquetschen. Am Toroweap selbst gibt es abgesehen von der immensen Aussicht nur die Möglichkeit mehrere nicht ganz ungefährliche Trails (u.a. runter zum Colorado) zu gehen. Für derartige Unternehmungen sind wir nicht wirklich ausgerüstet, also schlage ich die beiden naheliegensten National Parks vor...Zion oder Bryce Canyon. Der Bryce wird einstimmig gewählt mit dem Beschluss den Zion morgen bei der Rückfahrt noch anzureißen. Das bedeutet für uns allerdings die Mittagspause abzukürzen, noch ein paar letzte Blicke auf das unfassbare Panorama zu verinnerlichen und dann den Pathfinder möglichst schnell die Schotterpiste zurück nach Kanab zu scheuchen.

  • Der Grand Canyon am Toroweap Point ist kein gigantisch breiter Graben, sondern eine nur wenige hundert Meter breite klaffende Wunde im rötlichen Wüsten-Plateau. Dafür geht es vom Rand brachial und ohne Vorwarnung mehr als 1000 Meter senkrecht nach unten.


    Das möchte ich zu gern mal mit eigenen Augen sehen :daumen1:


    Und wieder klasse geschrieben, hab mich recht amüsiert :D


    Bin gespannt wie es weitergeht mit dem Bryce und Zion in einem Tag


  • Das möchte ich zu gern mal mit eigenen Augen sehen :daumen1:


    Und wieder klasse geschrieben, hab mich recht amüsiert :D


    Bin gespannt wie es weitergeht mit dem Bryce und Zion in einem Tag

    und es gibt tolle Crscks, wo man hin und herspringen kann, wo es unter einem mehr als 500 Fuss runter geht. :daumen:



    Schade, das man Toroweap CG jetzt bezahlen und vorreservieren muss. Die guten alten Zeiten da sind auch vorbei.
    Die Strasse auf dem letzten Stueck ist eigentlich okay, nur in der Nacht macht sie nicht soviel Spass zu fahren

  • Das tut unser Fahrer auch..keine Zeit mehr für Filmstopps, die rote Staubwolke hinter uns wirkt jetzt noch mächtiger und wir müssen ihn mehrfach verbal einbremsen. 2 Stunden später erreichen wir wieder die 389, also ungefähr eine Stunde früher als auf dem Hinweg...holy crap!


    Aber egal, die Zeit rennt, der Sonnenuntergang ist nicht mehr so luxuriös spät wie im Sommer und wir haben bis zum Bryce Canyon noch einiges an Strecke vor uns. In Kanab stoppen wir nur für einen kurzen Snack beim Supermarkt und zum Tanken (sprit-intensive Strecke) und dann geht’s den Highway 89 hoch Richtung Norden. Die Sonne senkt sich schon sichtlich Richtung Horizont, was die Strecke nur noch wunderschöner werden lässt. Das immer weiter ausufernde Tal, einmal mehr umrahmt von roten Bergen, leuchtet im dramatischsten Farb-Schauspiel und uns bleibt keine Zeit zum Anhalten. Hierfür muss irgendwann auch nochmal mehr Zeit her...




    Wie so oft in diesem scheinbar unendlich großen Land haben wir die Entfernung etwas zu optimistisch eingeschätzt und erreichen den Bryce Canyon National Park erst kurz vor Sonnenuntergang. Für unseren DSLR-Mann, der übrigens die Bilder dieses Berichts sponsort, gilt es also keine Zeit zu verlieren und so schnell wie möglich zum Sunset Point. Dort angekommen merken wir schnell, dass der Bryce Canyon signifikant höher liegt (ca. 2500m) als der Toroweap Point (knapp 1500m). Die Temperaturen sind schon Mitte Oktober recht nah am Gefrierpunkt und wir frieren uns wortwörtlich den Arsch ab. Aber egal, das Panorama entschädigt für sämtliche Strapazen und der
    dominanter werdende amerikanische Nachthimmel holt für uns nochmal das Maximum an Bildgewalt heraus. Die Hoodoos erstrahlen bei spektakulärer Weitsicht in allen erdenklichen Rot-Tönen, der Himmel liefert ein Farb-Feuerwerk aller erster Güte ab...Foto-Experten, die dies die magische Stunde nennen, übertreiben nicht im geringsten. Was wir hier heute zu sehen bekommen, ist in der Tat pure Magie und so wunderschön, dass man es kaum in Worte fassen kann. Ich werde also nochmal wieder kommen müssen....wer denkt, ich sei lernfähig, irrt...schon 2008 bin ich hier viel zu spät mit meinen Kumpels angekommen, so dass wir nur noch ein paar Meter ins Hoodoo-Labyrinth hinabsteigen konnten, bevor der Sonnenuntergang den Showdown einleitete. Schon einen Monat später werde ich wieder hier stehen mit einem anderen Kumpel, der mich pünktlich zu den Thanksgiving-Holidays extra aus Deutschland besuchen kommt und glücklicherweise genauso Natur-begeistert ist wie ich. Erneut werden wir nicht wahnsinnig viel Zeit haben, aber zumindest mal nicht abends ankommen...aber wie gesagt...irgendwie nicht lernfähig ;)






    Nachdem Farb-Schauspiel suchen wir im nahgelegenen Panguitch nach was zum Essen, finden in dem wie ausgestorben wirkenden Kaff (da hat sich seit 2008 wenig geändert...) irgendwie nix...also zurück nach Kanab, wo wir einen erstaunlich guten Burger bei Spurs Grill direkt am Highway 89 abgreifen und den Tag bei einem eiskalten Bier ohne Schaumkrone ausklingen lassen, bevor es für die kommende Monster-Etappe zügig ins Bett geht..

  • Der letzte Tag unseres Canyon-Kurztrips bricht an. Heute geht es für uns zurück nach Fullerton, das sind rund 460 Meilen...klingt machbar, ist aber zu fünft in einem Fünfsitzer nicht unbedingt komfortabel. Um die lange Fahretappe etwas aufzulockern, hab ich den Guys noch den Zion National Park ans Herz gelegt, der mehr oder weniger auf dem Weg liegt, wenn man von Kanab Richtung Vegas fährt. Nach weniger als einer halben Stunde erreichen wir den Parkeingang. Da uns für Ausflüge ins Park-Innenleben mit den Shuttle-Bussen die Zeit fehlt, schlage ich den Zion Canyon Overlook als kurze Mini-Wanderung vor. Gesagt, getan...um diese Jahreszeit findet man sogar ohne größere Probleme einen Parkplatz direkt beim Trailhead unmittelbar vor dem Tunnel. Zum dritten Mal gehe ich nun diesen rund halbstündigen Trail und genieße ihn immer noch wie beim ersten Mal. Trotz der moderaten Länge hat man das Gefühl sich mitten in die Wildnis zu bewegen...der Pfad, zunächst noch durch diverse Geländer-Konstruktionen recht eindeutig vorgegeben, wird mehr und mehr ein organischer Teil der aufregenden Landschaft, die gerade am Vormittag in fantastisches Licht getaucht wird.






    Unter anderem führt die Wanderung auch über diese wackelige Stahlkonstruktion direkt an einem tiefen Abgrund entlang. Alle sind erstaunt, dass ich mich hier weit sicherer drüber bewege als noch am Toroweap Overlook. Im Endeffekt liegt diese neue Lässigkeit nur daran, dass ich diesen Trail schon 2x gegangen bin und mich aus irgendeinem Grund dadurch sicherer fühle. Vor 4 Jahren bin ich über dieses nicht unbedingt Vertrauens-Erweckende Gerüst noch genauso verkrampft gestakst, wie meine aktuellen Mitfahrer mich am Vortag erlebt haben ;)



    Die Aussicht am Canyon Overlook ist gewohnt majestätisch, so dass wir uns zu einer längeren Pause entschließen. Neben der obligatorischen Session sitzen wir für unsere Verhältnisse verdammt lang einfach nur still vor diesem Abgrund, dessen Aussicht mit den schönsten Rot- und Grüntönen und natürlich den gigantischen Felswänden verzaubert. Ich liebe diesen recht einfach zu erreichenden Aussichtspunkt und werde noch mehrere Male zurückkommen...bis heute sind es schon 2 weitere Male geworden ;)


    Dann heißt es aber erst Mal Abschied nehmen, relativ zügig gehen wir den Abstieg zum Parkplatz und machen uns anschließend auf den Weg nach Las Vegas, der recht ereignislos verläuft. Im Zockerparadies machen wir Halt in den Premium Outlets im Norden der Stadt, wo ein paar der Mitfahrer noch eine Shopping-Pause einlegen wollen. Ich kann an diesen Konsum-Tempeln nach wie vor nichts finden und stapfe gelangweilt durch die hübsche, aber doch irgendwie seelenlose Anlage. Das Mittagessen nehmen wir - schön scharf - bei Chipotle zu uns und ich bin wieder erstaunt, wie qualitativ ordentlich das Fast Food hier daherkommt.



    Da wir immer noch nicht in der Laune für den finalen Run durch die Mohave-Wüste sind, steuern wir als Verdauungsspaziergang noch den Hoover Dam an. Im Vergleich zu den 45°C, die ich hier mal erleben durfte, ist es heute geradezu mild. Überlaufen ist die Szenerie trotzdem und so halten wir uns nicht allzu lang auf dem dennoch imposanten Bauwerk auf. Auffällig ist dennoch der niedrige Wasserspiegel des Lake Mead...ein Problem, was sich laut diversen Naturschützern in den nächsten Jahren noch dramatisch verschärfen dürfte, da der Colorado kombiniert mit Dürreperioden (> California Drought) den unstillbaren Durst von Las Vegas nicht mehr unbegrenzt stillen kann.
    Erwartungsgemäß ist der Nachmittag mittlerweile schon durchaus fortgeschritten...was ja wieder zu erwarten war ;) Also auf in den Pathfinder und auf die berüchtigte 15...an einem Sonntag, wenn jeder Depp von Las Vegas wieder zurück zur Küste will...klug gewählt von uns (Ironie..), aber wie gesagt aufgrund der Uni-Stundenpläne leider nicht anders machbar. Der Verkehr ist dennoch nicht so dramatisch wie befürchtet...dafür gibt's nach Einbruch der Dunkelheit vor L.A. nochmal einen gewaltigen Dämpfer, da unser Freeway wegen eines schweren Unfalls gesperrt ist. Nach einem deftigen Umweg kommen wir schließlich wieder in unserer temporären Heimat in Fullerton an...irgendwann abends gegen 11h.



    Trotz des Zeitdrucks war es ein unvergesslicher Trip, den ich vorrübergehend erstmal von meiner Bucket List streichen konnte....wie ich mich nämlich kenne, will ich natürlich nochmal hin...dann mit mehr Zeit, besserem Kamera-Equipment usw. um diese einzigartige, abgelegene Schönheit noch besser einzufangen und konservieren zu können.....als ob das auch nur ansatzweise möglich wäre...

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