Argentinien: „La Puna deja huellas“ oder „Im Höhenrausch“

  • Ich stelle mir das gerade einmal akustisch vor. Wenn man inmitten dieser Geisterstadt steht, ist der Wind wohl das einzige Geräusch, das man wahrnimmt. Also, ich habe schon einige Geisterstädte in den USA gesehen, aber das hier ist ja ein komplett anderes Kaliber.

    Wie schwer muss die Arbeit dort gewesen sein. ich glaube, die Schwefelbrocken sind sehr, sehr schwer, und ich glaube, sie werden mit der Spitzhacke oder mit den bloßen Händen aus dem Berg herausgebrochen. Unmenschlich!

  • Ihr Lieben,


    ich habe Euch nicht zu viel versprochen, oder? Wobei ich im Vorfeld das Gefühl hatte, mit dem Begriff „Puna“ konnte die große Mehrzahl (nicht nur hier) erst einmal nichts anfangen, es ist halt sehr unbekannt - oder haben möglicherweise an Hawaii gedacht ;-)) … und es liegen noch ein paar Tage vor uns :daumen1:


    nirschi: Es freut mich, dass ich auch neue Hintergrundinfos geben kann. Meinst Du die geschichtlichen Aspekte oder was genau?


    @Sandra: Ich hatte ja geschrieben, dass besonders Dir der nächste Tag (also hier der letzte derzeit) besonders gut gefallen könnte. Da lag ich wohl richtig.


    Kennst Du eigentlich diesen Abschnitt? Auch diese beiden Geisterstädte könnten Dir gefallen und sind wesentlich einfacher zu erreichen. Da bist Du halt nicht alleine, aber viel los war da auch bei uns nicht. Wobei ich ohnehin das Gefühl habe, dass ich sehr verwöhnt bin, was Touriaufkommen angeht:


    Reiseberichte von 6 Kontinenten - Passionate about Travel


    Auch wenn Dich der ganze Bericht (falls Du ihn noch nicht gelesen hast) nicht interessieren sollte, ich glaube, es könnte lohnen, dass Du Dir den Abschnitt mal anschaust.


    Beate: Es ist eine Gegend, wo es regelmäßig sehr stürmen kann, dann kann man vieles gar nicht erreichen. Ich hatte wohl an diesem Tag unglaubliches Glück :jub:. Es war faszinierend, dort alleine rumzulaufen, zu wissen, welches Privileg ich gerade habe, hier zu sein an diesen unglaublichen Orten, die noch so unbekannt sind. Der Nachteil ist, ich werde immer verwöhnter …


    @Gabriele: Danke!!!


    Ich danke Euch für Eure Kommentare :love: und Euer Interesse. Finde ich übrigens toll, dass Ihr Euch auf diese Gegend bzw. auf meinen Bericht eingelassen habt.


    LG

    Sabine


  • ;) ... Du weißt ja, wo es uns seit Jahren immer wieder hinzieht ... Danke Dir fürs Lob.


    Es geht gleich weiter.


    LG

    Sabine

  • Den nächsten Tag muss ich auch aufteilen ... es folgen jetzt mehrere Teile zum ersten Teil von Tag 8 - den Rest des Tages werde ich wohl heute nicht mehr schaffen.




    Tag 8 – Tolar Grande – El Peñón

    Karge Puna, vielfarbige Puna - oder doch ein Gemälde?


    Über Nacht sind die weißen Flecken auf meinen Zähnen wieder verschwunden, nichtsdestotrotz leuchten sie aber nach wie vor in unterschiedlichem Weiß.


    Auch heute Morgen gibt es in der Hostería für mich ein privates Frühstück, gezaubert von meinem Guide. Gestern ist mit lautem Getöse eine kleine Gruppe Schweizer Touristen angereist. Die scheinen nun die anderen vier Zimmer in der Hostería zu belegen. Sie haben bereits gefrühstückt. Es wäre nur schön gewesen, wenn sie ihre Krümel auf den Tischen beseitigt und diese auch hätten abwischen können. Ich murre etwas wegen dieses Verhaltens. Wenigstens sind die Tassen gespült.


    Für unseren ersten heutigen Programmpunkt müssen wir nicht weit fahren. Einige wenige Kilometer außerhalb von Tolar Grande liegen die Ojos del Mar. Eigentlich wollten wir uns diese bereits an einem der beiden vergangenen Tage anschauen, aber uns fehlte die Zeit. Als wir ankommen, sind wir die einzigen Besucher und aus Richtung Tolar Grande nähert sich ein Mann, es ist der Guard der Ojos. Der Eintritt ist kostenlos, aber ich werde ihm beim Verlassen ein kleines Trinkgeld in die Hand drücken. Für mich bedeutet es nicht automatisch, weil man diesen Ort kostenfrei besuchen kann, dass man dem hier arbeitenden Wächter nicht auch einen kleinen Tipp zukommen lassen kann. Er wacht über diesen schönen Ort und hat ein Auge darauf, dass dieser Platz so bleibt, wie die Natur ihn geschaffen hat.


    Drei große Pools haben sich in der Salzebene gebildet. Sie schimmern in Blau, Grün und Türkis. Ein wenig erinnern sie mich an Pools im Yellowstone und im Wai-o-Tapu, nur dass die Ojos keine vulkanische Aktivität aufweisen, obwohl genau genommen ist die ganze Gegend vulkanischen Ursprungs. Der Guard achtet peinlichst darauf, wohin ich gehe und dass ich nicht zu nahe an die Pools herantrete. Das begrüße ich, denn Hineinfallen möchte ich ungern. Ich frage ihn, wie tief die Pools sind und so erfahre ich, dass einer 8 Meter tief ist, der zweite 6 Meter und der dritte Pool 2 Meter.


    Bevor wir unsere Fahrt fortsetzen, müssen wir meine Schuhe vom Salz befreien. Es ist kaum zu glauben, wie viel Salz ich eingesammelt habe und wie fest es an Sohle und Material klebt, so kommt man ungewollt an Plateausohlen. Aber auch für diese Lebenslage hat mein Guide Vorsorge getroffen, er hat Bürsten im Auto.



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    Nachdem wir gestern „den Ort, an dem jeder dem Tod geweiht ist“ von Osten nach Westen gequert haben, biegen wir heute auf die Salzpiste Richtung Süden ab. 70 Kilometer beträgt die Nord-Süd-Ausdehnung des Salar de Arizaro. Etwa 90 Minuten fahren wir bis zu dem Highlight, das ich zuvor schon auf Bildern gesehen habe, den Cono de Arita. Mit einer fast perfekten Form erhebt sich der Vulkan 70 Meter hoch aus der ebenen, gräulichen Salzpfanne. Alle Maße an diesem Ort scheinen mit der Zahl 70 in Verbindung zu stehen. Es ist äußerst mühsam, auf dem Salzsee zu laufen, besonders weit komme ich nicht, aber das ist mir auch nicht wichtig.


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    ... der nächste Teil folgt gleich ...

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    Wir verlassen den Salzsee und fahren mal auf etwas breiteren Pisten, mal auf einspurigen Pisten, dann auf Tracks und manchmal ist kaum eine Fahrspur zu erkennen. Immer wieder gibt es Abzweigungen, allen gemeinsam ist, dass keine beschildert ist. Teilweise sind die Tracks sehr übel und nur mit 4 x 4 zu passieren, über Stunden werde ich durchgeschüttelt, zum Glück habe ich keine Bandscheibenprobleme. All diese Mühe wird mit einer atemberaubenden Szenerie um mich herum belohnt. Ständig wechseln die Ausblicke, es ist unbeschreiblich, was vulkanische Aktivität hier geschaffen hat. Immer wieder staune ich über diese Landschaft, die eher vermuten lässt, der Palette eines Malers entsprungen zu sein, als dass sie tatsächlich Realität ist. Wir passieren den Volcán Antofalla, selbstredend auch ein 6.000er, genau genommen finde ich Höhenangaben von 6.409 Metern. Dieser Vulkan ist wohl besonders gut zu sehen, wenn man die Strecke von Nord nach Süd fährt.


    Und dann stehen wir oberhalb des Salar de Antofalla, vor mir liegen unglaubliche Ausblicke.


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    ... der nächste Teil folgt gleich ...

  • Wir fahren hinunter zum Salar. Unser Ziel ist der kleine Weiler Antofalla, wo wir zu Mittag essen werden. Seitdem wir am Morgen Tolar Grande verlassen haben, habe ich kein anderes Fahrzeug gesehen, geschweige denn irgendeine Form menschlicher Ansiedlung, einzig an eine Goldmine in der Nähe des Salar des Arizaros kann ich mich erinnern. Ich möchte mir nicht vorstellen, was passiert, wenn man sich hier für eine falsche der unzähligen Abzweigungen entscheidet und/oder eine Panne hat, wir befinden uns größtenteils auf über 4.000 Metern Höhe. Schlimmstenfalls ist Niemand über den Aufenthaltsort unterrichtet, man hat kein entsprechendes Kommunikationsgerät an Bord, weitab vom Mobilfunknetz befindet man sich ohnehin und fehlende Spanischkenntnisse könnten zu einer zusätzlichen Hürde werden. Ich denke darüber nach, wen ruft man an, falls man als Individualtourist mit nur einem Wagen unterwegs ist und zumindest ein Satellitentelefon mit sich führt? Den argentinischen Automobilclub? In welcher Sprache kommuniziert man, wenn man nicht gut genug Spanisch spricht? Allerspätestens auf dieser heutigen Etappe weiß ich, dass diese Strecke definitiv nichts für uns wäre, um sie alleine als Selbstfahrer zu bereisen. Vielleicht ändert sich meine Einstellung dazu in einigen Jahren, wenn die Strecken mehr frequentiert sein sollten, nur im Hier und Jetzt weiß ich, wie meine Entscheidung ausfällt.


    Unten am Rande des Salzsees liegt auf 3.495 Metern der Weiler Antofalla. Mein Guide erzählt mir, dass die Menschen in Antofalla seit einiger Zeit nun zumindest stundenweise Strom haben. Indem die Guides mit ihren Gästen hier regelmäßig bei Einheimischen zum Essen einkehren, unterstützt die Agentur die hier lebenden Menschen. Aber auch darüber hinaus wird von der Agentur das eine oder andere vor Ort unterstützt, wie ich von meinem Guide erfahre. Man könnte meinen, jedes Drehbuch hätte es nicht besser planen können. Gerade als wir mit unserem Wagen halten, laufen zwei Mädchen vorbei. Ich bitte meinen Guide, er möge sie doch bitte zurückrufen, während ich die hintere Wagentür öffne und die beiden Puppen heraushole. Wo sonst hätte ich die beiden Stoffmädchen besser verschenken können als hier? Mein Guide kennt die Familie gut, bei der wir essen und er erzählt mir, dass ein weibliches Mitglied der Familie in Salta Geologie studiert hat. Mein Respekt für diese Leistung ist immens, vom kleinen Weiler Antofalla zu einem Universitätsabschluss.


    Bereits im Vorraum hatte ich mehrere der Kränze mit Papierblumen gesehen, auch hier im Wohn-Küchen-Bereich hängen diese Kunstwerke. Ich frage die Dame, die uns so wunderbar mit Hähnchen und Reis bekocht hat, ob sie diese selbst macht und wie lange sie dafür benötigt. Ich erfahre, dass sie diese gefertigt hat für den Dia Todos los Santos, Allerheiligen. In zwei Tagen wird überall im Land der Verstorbenen gedacht und die Gräber auf den Friedhöfen im Hochland werden mit bunten Papierblumen geschmückt sein.



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    Wir verlassen den kleinen, so einsam gelegenen Weiler Antofalla über den gleichnamigen Salzsee. Auf der anderen Seite geht es wieder bergauf. Auch von dieser Seite bieten sich spektakuläre Panoramablicke. Ich habe tatsächlich das Gefühl, die Umgebung ist gemalt und so fühlen sich für mich auch meine Fotos an. Irgendwie unwirklich, wie nicht von dieser Welt.


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    - ENDE für heute -

  • ich habe Euch nicht zu viel versprochen, oder? Wobei ich im Vorfeld das Gefühl hatte, mit dem Begriff „Puna“ konnte die große Mehrzahl (nicht nur hier) erst einmal nichts anfangen, es ist halt sehr unbekannt

    Ha ha, ich habe wirklich an Hawai’i gedacht. Denn ich wohne ja im Puna District ;-)) :smile: ;-))

  • Ich hatte Dir ja von Deiner ursprünglichen geplanten Reisezeit abgeraten und kann es nur noch einmal wiederholen, Wenn es jetzt bei Dir für November für diese Ecke bleibt, am besten sogar Anfang November oder so wie ich, Ende Oktober/Anfang November.

    Warum empfiehlst Du diese Zeit?

    Ich habe in meiner WetterApp jetzt einige von den für uns relevanten Orte eingegeben und "beobachte" das Wetter.

    Diese Trockengegend, wo Du warst ist wettertechnisch immer noch schön.

    Also was ist der Grund? wird es zu warm?

    Meine Planung ist ja nicht so eingegrenzt und eher free-style. Aber vermutlich werden wir erst Ende November dort sein können.



    Auf jedenfall den Yosemite besuchen! :nick:

    Das würde ich Dir auch raten. Yosemite hat schon einige wirklich einmalige "Steine" .

    Wir waren damals im Hochsommer dort. Es ist ja nicht so, dass Du dichtgedrängt irgendwo stehen musst.

    Es kann eben sein, dass Du auf einen Parkplatz warten musst, weil alles überfüllt ist.

    Aber noicht auslassen!



    Hast Du auch die Gegend südlich von Mono Lake auf Deiner Agenda?

  • Ich habe mich seit der Buchung noch nicht intensiv mit USA befasst, hab‘ derzeit keinen Kopf dazu, lasse das mal auf mich zukommen, vielleicht schreibe ich dann in einem anderen Thread noch einmal weiter, wenn ich Fragen haben sollte, aber ich denke, das könnte eher eine Reise werden à la auf uns zukommen lassen. Wir werden sehen. Möchte den Reisebericht hier aber auch nicht weiter verwässern mit USA.

  • Was für ein Trip der Extraklasse :clap1::clap1: . Ich hätte mich vermutlich so lange es eben geht mit meinem Stativ dort hingestellt und die Speicherplatte glühen lassen.

    Danke fürs Teilen, Sabine

    Ich muss zugeben, ich habe noch kein einziges Foto mit einem Stativ gemacht, besitze auch keines. … ich glaube auch, hätte ich eines, hätte ich das nicht auch noch mitgeschleppt.

    Aber Du hast Recht, ein Trip der Super-Mega-Extraklasse :love:


    Wieder sehr schöne Fotos in tollen Pastellfarben. :clap1::clap1:

    Danke Dir!

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