Tag 09 (06.05.2024) - Big Bend National Park: Santa Elena Canyon
Was machen die meisten Menschen, wenn sie bei knapp 40°C im Schatten auf eine Wanderung gehen?!
Ja okay. Es einfach sein lassen. Fair enough. Anders:
Was machen die meisten Menschen, wenn sie bei eher warmen Temperaturen mit viel Sonne auf eine Wanderung gehen?! Richtig, sich von Kopf bis Fuß in irgendwelche langen, schützenden UV Klamotten hüllen. Zumindest soll es sowas geben, habe ich gehört. Ich hingegen finde zu viel Stoff bei solchen Bedingungen immer irgendwie unangenehm und außerdem bin ich im Sommerurlaub, ich will Farbe bekommen! Das Shirt bleibt also einfach im Auto und ich nehme dafür eine Schicht mehr Sonnencreme. Zurück bleibt außerdem der Rucksack, die 0,5l Wasserflasche in der Hand muss reichen für den kurzen und vermutlich flachen Spaziergang durch einen Canyon.
Schon am Parkplatz ist die Szenerie sehr hübsch und der riesige Canyon Eingang sehr beeindruckend.


Hach wie schön... Warum bekomme ich da direkt wieder einen It's a small World Ohrwurm?

Iiiiiiiit's a smaaaaaal world aaaaaaaafter all
Tschuldigung.

Am "Fluss" angekommen bin ich doch ein wenig überrascht. Schon bei meinem Sonnenaufgang im Big Bend Ranch State Park handelte es sich ja eher um ein flaches Bächlein, aber hier sieht es noch viel schlimmer aus. An einigen Stellen ist alles komplett ausgetrocknet und es gibt nur noch vereinzelte Pfützen. An der Stelle, an der man das Wasser aber überqueren muss, ist es dann doch nicht ganz so leicht wie es auf den ersten Blick aussieht. Vermutlich wäre es einfacher, wenn hier wirklich einfach nur ein flacher Fluss werde, so muss man sich aber durch den Schlamm kämpfen. Zum Glück steht hier ein Mann, der mich anquatscht und mir erzählt, dass man hier knietief einsinkt. Es gibt aber eine bessere Stelle, wenn man dem Verlauf ca. 100 Meter folgt und dann erst rüber geht.

Das mache ich dann auch und komme tatsächlich komplett trockenen Fußes auf die andere Seite. Der Aufstieg, den man nehmen soll, ist hier sogar schon mit einem Band markiert worden, scheinbar ist dieser Zustand eher Standard. Man sieht es rechts unten im Bild!

Eine kleine, aber feine Klettereinlage
Sowas macht mir ja immer Spaß, das bringt ein bisschen Abwechslung zum einfachen wandern. Wobei ich dazu sagen muss, dass selbst diese kleine Wand schon relativ anstrengend wird, wenn man bei 40°C hochklettert.

Oben angekommen geht es aber erstmal ganz entspannt weiter, über einen gut erkennbaren Trail, der sogar hier und da ein wenig Schatten bietet. Mir kommen sogar einige Leute entgegen, was gar nicht so einfach ist, denn stellenweise ist es wirklich nur breit genug für eine Person, wenn man sich nicht im Gebüsch verkriechen möchte.



Sooooooo. Jetzt bin ich an der Stelle angekommen, an der man EIGENTLICH den Fluss überqueren und in den Canyon einsteigen sollte
Ich hatte ja vorhin schon gesagt, dass ich eher mit einem flachen Spaziergang im Flussbett bzw. daneben rechne und nicht mit... Serpentinen. In der Sonne. Aber es gibt sie
Dann wollen wir hier mal langsam hochgehen und schauen, dass wir dabei nicht überhitzen. Das geht ganz gut, aber ich überhole doch einige sterbende Menschen und alle, die mir entgegen kommen, sehen auch nicht besonders gut aus, obwohl sie bergab unterwegs sind.
Angesprochen werde ich auch, denn alle anderen sind wirklich massiv verhüllt. Bei einigen ist wirklich nur noch ein Schlitz für die Augen frei, da hätte ich ja nun überhaupt kein Bock drauf. Ob ich denn nicht wisse, dass ich mir so einen schlimmen Sonnenbrand holen werde??! Nö, weiß ich nicht und Spoiler: Bekomme ich auch nicht. Kennt ihr alle Sonnencreme? 



So, oben angekommen! Puh!
Ich komme mit der Hitze zum Glück sehr gut zurecht, nervig ist nur, dass ich auf meinem Handy Display nun quasi gar nichts mehr sehe. Hier ist das nicht so schlimm, denn ich habe die Kamera mitgenommen und außerdem brauche ich wohl eher auch keinen Track, selbst ich schaffe es nicht, mich hier zu verlaufen 

Und natürlich - wie sollte es anders sein - führt der Weg jetzt wieder nach unten zum Fluss, aber hauptsache ich bin vorher mit steilen Serpentinen den Berg hoch geklettert
Der Fluss wird so flach sein, da hätte ich vermutlich einfach durchlatschen können, aber ob das erlaubt ist... Keeeeine Ahnung.
Hier unten wird es jedenfalls wieder paradiesisch grün und auch der feine, weiße Sand macht den Anblick nicht hässlicher.



Ein bisschen überrascht bin ich, dass es hier offensichtlich Bieber geben soll. Gesehen habe ich leider keinen, aber ist ja auch kein Wunder, wenn ein Schild davon berichtet
Man kennt es!

Dann bin ich auch schon am Ende der offiziellen Wanderung angekommen. Einmal mehr finde ich es irgendwie komisch, dass man hier einfach nach Mexiko rüberlatschen kann, während man sich die Füße maximal bis zu den Knöcheln nass macht. Man kommt eben nur nicht weit, denn das andere Ufer besteht aus einer Steilwand
Das Bedürfnis rüberzulaufen, einfach, weil ich es kann, ist natürlich schon vorhanden, aber ich lasse es am Ende doch lieber sein
Auch überlege ich, ob ich einfach noch ein bisschen weiter in den Canyon gehen soll, einfach im Fluss, aber auch da bin ich mir nicht sicher, ob das erlaubt ist. Andererseits gibt es auch keine Schilder die das verbieten und die gäbe es doch sicher, bei so vielen Besuchern, oder?!

Das Wasser ist auch einfach pisswarm
Da hätte sich der Pool gestern mal eine große Scheibe von abschneiden können!

Es ist einfach wunderschön hier und das Beste ist: Ich bin vollkommen alleine hier, auch, wenn der Trail relativ frequentiert war. Die wenigsten scheinen aber bis zu dieser Stelle zu gehen, vermutlich auch, weil der offizielle AllTrails Track ein paar hundert Meter vorher endet. Da verpassen die meisten Menschen wohl die schönste Stelle des Spaziergangs, gut für mich 
Ein weiterer Vorteil der Einsamkeit ist, dass ich hier eben schnell mein Video für Matze machen kann. Das geht theoretisch wohl auch im Beisein anderer Wanderer, wie ich schon oft genug demonstriert bekommen habe, aber ich fühle mich dabei immer unwohl und komme mir ein bisschen komisch vor. Aus mir wird wohl kein nerviger, rücksichtsloser Influencer mehr 


Nach einiger Zeit trete ich den Rückweg an, schließlich habe ich heute noch einiges vor und es wird im Laufe des Mittags vermutlich nicht kühler
Ich habe schon wieder ein bisschen an Höhe gewonnen, als ich eine Bewegung im Wasser wahrnehme. Seht ihr es?

... Ne, ich auch nicht.
Mit dem Handy klappt es ein bisschen besser. Erkennen kann man zwar nichts, man sieht nur, dass dort etwas ist, aaaaaaber es handelt sich um eine Schildkröte. Ich schwöre. Meine Augen haben das ganz genau gesehen!

AllTrails ist übrigens der Meinung, dass ich die Grenze sehr wohl überquert habe und das nicht nur einmal. Toll, da hält man sich brav an die Gesetze und dann gibt es falsche Beweismittel, die das Gegenteil behaupten
Der illegale Grenzübertritt war mir natürlich auch nicht genug, ich musste bei der Gelegenheit auch schnell noch die mexikanische Steilwand erklimmen.

Und dann ist die Steigung auch schon wieder geschafft.


Während es mir noch sehr gut geht kommen mir auf den Serpentinen jetzt deutlich mehr Leute entgegen, als vorhin auf meinem Hinweg noch unterwegs waren. Die sehen auch alle wirklich, wirklich nicht gut aus, sondern eher so, als würden sie jede Sekunde kollabieren.
Erst als ich wieder im Auto sitze und ein eiskaltes Getränk runtergekippt habe, beginnt der Schweiß in Strömen zu laufen. Schon ein bisschen widerlich mit den Ledersitzen
Nach wie vor nervt mich, dass dieses Auto nur eine Sitzheizung hat, aber keine Sitzkühlung, wie ich es bisher bei den Fords gewohnt war, die ich in den USA als Mietwagen hatte. Die könnte ich jetzt WIRKLICH gut gebrauchen, zumal der Edge ansonsten sehr gut ausgestattet ist.
Puh.... Vor mir liegt eine 11km Wanderung im Wüstenteil des Parks, ich überlege ernsthaft, ob ich die nicht wirklich sein lassen sollte. Bei den Temperaturen so eine Aktion zu starten wäre wirklich komplett unvernünftig. Ich beschließe gleich erst einmal eine Mittagspause am Fluss einzulegen und mir mal die gedrucke, physikalische Park Map anzuschauen und nach eventuellen Alternativen zu suchen. Vorher halte ich aber schnell noch am benachbarten Santa Elena Canyon Overlook, der mich aber nicht mehr zum Aussteigen motivieren kann. Ich knipse nur schnell zwei Fotos bei laufendem Motor und fahre dann weiter. Wirklich anders ist die Sicht jetzt nicht als bei der Wanderung und wenn, dann habe ich grad deutlich bessere Perspektiven gehabt.

